Der Konsum von Crystal Meth hat verheerende Auswirkungen auf Körper, Geist und Seele. Aber auch auf die schwule Szene weltweit. Erst vergangenen Woche überschlugen sich die Schlagzeilen deutscher Printmedien. Bisher ohne stichhaltige Beweise, wurde Volker Beck auf Grund eines Drogenfunds vorverurteilt - Mutmaßungen reichen aus.
Und jeder glänzt mit Halbwissen, was die Droge bewirkt und welche Auswirkungen sie auf den eigenen Körper und unsere Gesellschaft hat.
Alex Hopkins spricht mit Nicholas Conn, der ein revolutionäres Behandlungsprogramm erarbeitet hat, um den Konsum und dessen Auswirkungen dieser tödlichen Droge zu untersuchen und schließlich zu bekämpfen.
Crystal Meth, Methamphetamin, Meth, Ice oder Tina – wie auch immer man es nennt - ist eine Droge mit einem gefürchteten Ruf und verheerenden Auswirkungen für den Konsumenten. Nicht nur in den Vereinigten Staaten und Australien ist der Gebrauch dieser höchst-süchtig machenden Droge ein großes Problem geworden – auch in Deutschland steigen die Zahlen der Konsumenten erschreckend an. So sehr, dass zum Beispiel die australische Regierung einen nationalen Arbeitskreis zur Bekämpfung der steigenden Nutzung von Crystal Meth eingerichtet hat.
In Deutschland sind spätestens seit letzter Woche die Alarmglocken am läuten, in Großbritannien ist der Crystal-Konsum vor allem in der schwulen Szene stark angestiegen.
Angestoßen durch den Drogenfund bei Bundestagsabgeordneten Beck, ist die Diskussion um Crystal Meth auch in Deutschland laut geworden. Die Welt titelt gar mit: „Droge Crystal Meth erobert höchste Kreise…“ - viele weitere Berichterstattungen gehen noch einen Schritt weiter und bezeichnen die Droge als neues „Must-Have“ in schwulen Kreisen. Abermals ein Klischee oder wie sieht es wirklich aus?
In Gesprächen mit Drogen- und Suchtberatungen geht es dem auf den Grund und erfährt, dass der Konsum - auch ind er schwulen Szene - bereits zur Freizeitdroge mutiert ist. Ob in Saunen, auf Partys oder bei einem schnellen Sexdate, immer mehr Männer haben Crystal am Start. Und sehen es als ganz „normal“ an.
Der Kampf gegen Crystal
Nicholas Conn setzt sich aktiv im Kampf gegen Crystal Meth ein. Er ist Direktor des Online-Rehab, das weltweit erste Online-Sucht-Reha Angebot für Alkohol-und Drogenmissbrauch.
„Unser Service ist für Leute, die eine schnelle, vertrauliche und hochwirksame Behandlung suchen,“ erklärt Conn. „Das Programm besteht aus einer 28 tägigen Online-Gruppe und persönlichen Sitzungen, die sich mit allem auseinander setzen. Dazu gehören auch: Rückfallprävention, Traumata, Stress, Beziehungen, Bewältigungsstrategien und eine ganze Menge mehr.“, so Conn.
Entscheidend ist, dass der Service wesentlich kostengünstiger ist als die traditionellen Programme in Wohngruppen und Co. Zudem zeichnen sich erste Erfolge ab. Die Initiative hat aber auch andere Vorteile berichtet Conn: „Menschen, die ihr eigenes Geschäft haben oder Angst vor der Offenlegung ihrer Anonymität haben oder diejenigen, die beruflich viel reisen, können nicht 1-3 Monaten in einer Wohngruppe gehen, um rehabilitiert zu werden. Oftmals muss der Alltag einfach weiter laufen.“
Aus Gesprächen aus der Szene erfahre ich, dass die Anziehungskraft von Crystal sehr mächtig ist. Es wird als der „Heilige Gral der Sex-Partys“ gesehen: ein „ultimatives Highlight“, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Erschreckend denke ich.
Ein hoher Prozentsatz beschreibt ihre erste Begegnung bei einer Sex-Party, wo es von einer anderen Person angeboten wurde, damit der „ultimatives Kick“ erlebt wird. Sie berichten, dass die Wirkung stundenlang anhält, man länger kann und es alle Hemmungen wegnimmt und Sex sich viel intensiver anfühlt.
Conn fügt an: „ […[ und es ermöglicht ihnen high zu bleiben und tagelang Sex zu haben“.
„In der Regel sprechen unsere Klienten von einer Dauer von 3 bis 5 Tagen. Sie beschreiben auch, wie sie es „high“ treiben und berichten von der Energie, die Crystal Meth ihnen gibt. Sie sprechen darüber, wie sich innerhalb weniger Wochen nach dem ersten Gebrauch ein Suchtverhalten entwickelt und der Konsum außer Kontrolle gerät.“
Conn hat gesehen wie süchtig die Droge macht – in einem Maße, dass die Menschen oft nur wenige Wochen nach ihrem ersten "Kick" süchtig werden.
Aber noch beunruhigender für ihn ist es, dass er einen direkten Zusammenhang zwischen Crystal-Konsum und dem Anstieg der HIV-Neuinfektionen erkennen konnte.
„Jeder einzelne mit dem wir im Laufe der letzten Jahre gearbeitet haben, hat sich mit HIV infiziert. Entweder durch ungeschützten Sex oder durch den Austausch von Nadeln. Unsere Klienten assoziieren Crystal Meth mit HIV-Infektionen. Und nicht nur unsere Klienten denken so. Auch die Medien bilden das für die Öffentlichkeit eins zu eins ab.
Erschreckend stellen wir fest, dass ein Großteil sich erleichtert fühlt, mit dem HI-Virus infiziert zu sein. Sie sind der Meinung, dass die derzeit verfügbaren antivitalen Medikamente ausreichend für ein langes Leben sind und sie sich nun keine Gedanken mehr über Safer Sex machen müssen.“, gibt Conn zu und schweigt.
Neben dieser Leichtfertig- und Unverantwortlichkeit steigt auch das Risiko einer Überdosierung. Denn viele ken gaben an, dass die den Konsum nicht stoppen konnten, wenn sie erst einmal Crystal bei einem Sexabenteuer konsumiert hatten.
„Crystal Meth kann tödlich sein! Vor allem dann, wenn es zu einem plötzlichen Anstieg der Körpertemperatur und dem Blutdruck führt. Zusammen mit einem erhöhten Zuckerspiegel und erhöhter Herzfrequenz sind die Folgen fatal.“ erklärt Conn. „Wenn ein Konsument ein (chronische) Herzkrankheit hat, kann es zu einem Herzinfarkt führen. Crystal Meth Konsumer berichten oft, für mehrere Tage nicht zur Arbeit gegangen zu sein, weil das Verlangen nach dem nächsten Kick zu groß war. Die negativen Auswirkungen und deren Folgen für den Crystal-Konsumenten sind folglich persönlich und beruflich. Oft sind intensive Schamgefühle und Schuldeingeständnisse Gründe für Selbstmordgedanken und/oder Gedanken zur Selbstverletzung.“, erklärt Conn.
Weiter erzählt er, dass Medikamente oft mit anderen Haushaltschemikalien wie Abflussreiniger, Batteriesäure und Frostschutz versetzt und kombiniert werden.
„Wir hören oft, wie Männer einem Fremden erlauben, sich diese Mittel injizieren zu lassen, was körperlichen, geistigem und in einigen Fällen gar sexuellem Missbrauch gleich kommt. In zwei aktuellen Fällen wurde uns berichtet, dass die Männer sich selbst überlassen wurden und fast krepiert wären.“
Das eigentliche Problem
Wo liegt das eigentliche Problem am gestiegen Crystal Math-Konsum bei schulen Männern für Conn und was noch interessanter und wichtiger ist, was muss die Gay Szene leisten, damit die Droge nicht überhand nimmt?
„Wesentliche Faktoren sind in der Regel ein geringes Selbstwertgefühl und die Suche nach/und oder die Vermeidung von Intimität. Wir hören oft Klienten darüber sprechen, das sie Probleme mit ihrer Familie aufgrund ihrer Sexualität haben und selbst das Gefühl haben, alle um sich herum im Stick zu lassen. Ein Grund dafür in den Drogensumpf abzugleiten aber auch kindliche negative Erfahrungen spielen eine große Rolle.
Für die Szene ist Aufklärung generell wichtig. Am Ende ist der für sich selbst verantwortlich, aber ohne Informationen über mögliche Gefahren, Risiken und so weiter, wird sich nichts verändern. Anonyme sowie offenen Angebote sollten überall entstehen - Die Jungs sollten nicht allein gelassen werden.“
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