Update: 30. Juni 2017
Der Bundestag beendet die Diskriminierung homosexueller Partnerschaften - Die #EHEFÜRALLE ist beschlossen und Deutschland nicht mehr Schlusslicht in Sachen LGBT-Rechte.
Der Bundestag hat heute mit einer breiten Mehrheit von 393 Ja-Stimmen für einen Gesetzentwurf gestimmt, der homosexuelle Partnerschaften mit heterosexuellen Ehen gleichstellt und die bisherige Ungleichbehandlung beendet. Die 225 Nein-Stimmen von CDU/CSU und die von Erika Steinbach, konnten die Gerechtigkeit nicht stoppen. (Liste der namentlichen Abstimmung)
Auf diesen Tag haben Tausende von Homosexuellen gewartet, für diesen Tag haben unzählige Aktivisten_innen seit über 15 Jahren gekämpft und sind mehr als 3 Millionen Demonstranten zuletzt bei den CSD Demonstrationen auf die Straße gegangen.
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Montagabend. Merkel ist zu Gast bei einer Veranstaltung der Frauenzeitschrift Brigitte. Es soll ein lockerer Talk sein, bloß nicht zu politisch, bloß nichts weltbewegendes. Ein paar private Fragen an die Kanzlerin, ein paar nette Anekdoten aus ihrem Leben („Na, wenn ich mal Gäste einlade, halte ich die Gläser auch gegen das Licht.”). Viel interessantes ist nicht dabei. Doch dann meldet sich irgendwann ein junger Mann (Uli Köppe) und stellt die alles entscheidende Frage: „Frau Merkel, wann darf ich meinen Freund endlich meinen Ehemann nennen?“ Das Publikum applaudiert. Doch Merkel laviert herum. Ihre Antworten sind holprig, verdruckst, inhaltsleer. Erinnerungen werden wach, an den Bundestagswahlkampf 2013, als Merkels Bauchgefühl am Ende wichtiger war, als das Grundgesetz. Und dann kommt plötzlich alles anders. Merkel sagt: Bei der Abstimmung über die Ehe für alle solle es sich um eine “individuelle Gewissensentscheidung“ handeln. Ein kategorisches Nein zur Eheöffnung ist das nicht (mehr).
Schon vor Tagen ist klar geworden, dass sich die Union bewegen muss. Alle anderen Parteien haben die Ehe für alle zur Koalitionsbedingung gemacht (okay, bis auf die AfD natürlich). Volker Beck hat die Grünen auf ihrem Parteitag auf Linie gebracht - gegen Widerstände aus dem eigenen Parteivorstand. Martin Schulz hat auf dem Dortmunder SPD-Parteitag nachgezogen, die Linke ist sowieso schon längst dafür und sogar Christian Lindner hat eine Koalitionsbeteiligung der FDP an die Ehe für alle geknüpft. Noch nie war der Druck auf die Union so groß gewesen.
Doch wenn die Ehe für alle das einzige Druckmittel der Opposition gegen Merkel ist, ja dann räumt sie es eben einfach ab. Mit einem einzigen Nebensatz. Ganz ähnlich ist es vor ein paar Jahren dem Atomausstieg gelaufen. Am Ende verpasste die Union die absolute Mehrheit nur knapp und die Grünen landeten nicht bei 20 sondern nur bei 8 Prozent. Merkel ist eben eine Machttaktikerin, die ihr Handwerk versteht. 12 Jahre lang hat sie die Eheöffnung blockiert. 12 Jahre lang waren ihr schwule und lesbische Paare egal. Nun wird sie als Kanzlerin in die deutsche Geschichte eingehen, die die Ehe für alle geöffnet hat. Verdient ist das nicht. Aber es wird ihren Erfolg bei der nächsten Wahl sichern.
Die SPD feiert sich in diesen Tagen als die große Gewinnerin. Zu Unrecht: In vier Jahren Großer Koalition haben die Sozialdemokraten viel heiße Luft produziert - mehr nicht: Die rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag ließen sie stets ungenutzt, im Rechtsausschuss waren sie dafür verantwortlich, dass die Abstimmung über die Ehe 30 Mal vertagt wurde und wenn es auf Bundesratsebe mal konkret wurde, dann enthielten sie sich. Nicht einmal für den aktuellen Wahlkampf sahen sie sich in der Lage, ein Zeichen zu setzen und die Ehe für alle offensiv anzugehen. Es brauchte erst das „Go“ der Kanzlerin am vergangen Montagabend. Überzeugend ist das nicht.
Kaum jemand hat so viel für die LGBTIQ*-Community getan, wie der Grünen-Politiker Volker Beck. Wir sollten ihm aufrichtig dankbar sein! Als er auf dem Grünen-Parteitag den Antrag einreichte, die Ehe für alle als Koalitionsbedingung ins Programm mitaufzunehmen, sollen einige grüne Spitzenpolitiker*innen versucht haben, ihn dazu zubringen, den Antrag zurückzuziehen. Man wollte auf keinen Fall eine mögliche Koalition mit der Union gefährden. Aber Beck blieb standhaft. Die Ehe für alle wurde offiziell zur Koalitionsbedingung erklärt und ein Stein damit ins Rollen gebracht: Alle anderen Parteien zogen nach - nun sogar die Union. Ab kommender Legislaturperiode wird Volker Beck nicht mehr Teil des Deutschen Bundestages sein. Seinen Listenplatz hatte er im Frühjahr auf dem NRW-Parteitag verloren. Die Ehe für alle ist daher so etwas wie sein Abschiedsgeschenk an die Community.
Auf dem Weg hin zu einer wirklich freien und gerechten Gesellschaft, ist die Ehe für alle nur ein weiterer, kleiner Schritt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Homophobie und Diskriminierung sind damit nicht vom Tisch, sondern nachwievor überall im alltäglichen Leben präsent. Mit dem Ausscheiden von Volker Beck aus dem Bundestag verliert die Community im Kampf um Gleichberechtigung und Akzeptanz eine wichtige Stimme. Es liegt daher an uns selbst, weiter aufmerksam und wachsam zu sein. Die Rechtspopulisten lauern schon. Nicht umsonst schreibt die Autorin Sabine Arnolds in ihrem Kommentar zur Eheöffnung : “Ja, es ist gut, dass endlich Fahrt ins Thema gekommen ist. Doch eine Ehe für alle bedeutet noch kein Ende von Diskriminierung und gesellschaftlich verankerter Homophobie. Die Hassprediger*innen wird es eher noch mehr auf den Plan rufen. Trotzdem dürfen wir uns am Freitag hoffentlich erst einmal freuen, dass Deutschland endlich mit seinen Nachbarn und Ländern wie Südafrika gleichgezogen hat.”
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Ein Video von: Projekt 100% Mensch - Ich sage Ja - 2016
Titelbild: Deutsche AIDS-Hilfe 2017
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