Ist es akzeptabel in deinem Dating-Profil zu sagen, dass du nicht auf feminine Männer stehst oder ist das bereits eine Form von Diskriminierung? Alex Hopkins wirft einen Blick auf die Feindseligkeit gegenüber femininen schwulen Männern in der LGBT-Gemeinschaft.
Es war nur ein normaler Freitagabend im Gay Village. Die Sperrstunde war erreicht und während wir unseren Sambuca schlürften, liebäugelten wir mit den heißen Latinos, die ihre Shirts auszogen und tanzten. Der Kerl neben uns, mit dem wi runs unterhielten, war auch nicht von schlechten Eltern. Und jedes Mal wenn er sein Light-Bier anhob, spielten seine Muskeln mit. Was für ein Bizeps. Wir konnten uns nicht beschweren.
Dann änderte sich alles. Er schlug sein Getränk auf die Theke und wurde gegenüber einem anderen jungen, schlanken Mann, der zu einem Mashup von Beyonce „I’m a Single Lady“ tanzte, aggressiv und unverschämt. „Camp Königinnen wie er machen mich krank! Sie sollten nicht erlaubt sein.“, der Hass und die Wut in seiner Stimme ließen mich erschrecken. Aber warum? Ich forderte ihn heraus und fragte nach, was ihm einfalle andere derart zu beleidigen und über fremde zu urteilen. Er murmelte etwas und seine Macho-Fassade fing an zu bröckeln. Doch er find an sich verbal über die „ranzigen Camp Königinnen“ auszulassen.
Es war eine unangenehme Erfahrung für mich, aber nicht eine besonders überraschende. Im letzten Jahr hatten einige Freunden ähnliche Auseinandersetzungen mit "Camp-Phobie" in Bars und Clubs. Die zahlreichen Profile auf Dating-Seiten und -Apps, die „keine fems“ und „nur hetero verhalten“ verlangen, mal außen vor gelassen. Die Beweislage ist klar: Es gibt eine erhöhte mangelnde Akzeptanz unter schwuler Männer von „Camp“ Schwulen In der Tat, ich würde sogar sagen, dass die Haltungen oft komplett feindlich ist. Aber warum eigentlich?
Feminine Männer spielen eine entscheidende Rolle in der schwule Kultur. Sie ist Teil unseres Erbes, aber es hat immer einen zwielichtigen Ruf gehabt. Schwule Männer können eine Drag Queen lieben, aber wie viele von ihnen würden mit einer ausgehen? Feminine Männer waren schon immer ein wichtiger Bestandteil der Community: Sie haben sich untereinander abgegrenzt, aber gleichzeitig – und das ist oftmals immer noch bedrohlich – sie dienten zu oft als Auslöser für die heterosexuelle Welt, uns zu verfolgen, zu diskriminieren und zu verachten.
Bevor der Kerl die Bar verließ - in einer divenhaften Haltung, die Diana Ross beschämt hätte - stotterte er noch ein paar mehr als abwertende Wörter über unseren jungen neuen Freund.
Der weltweite Marsch in Richtung Gleichstellung der Ehe wird zurecht gefeiert. Wenn heterosexuelle Menschen heiraten können, warum nicht homosexuelle? Wir müssen ja nicht alles annehmen und uns vor allem auch nicht in jeder Hinsicht vergleichen lassen. die gleichen Rechte können wir dennoch genießen.
Der erhöhte Feuereifer der Anti-Camp-Brigade ist in gewisser Weise, würde ich sagen, ein Nebenprodukt der Gleichstellung der Ehe. Vielleicht setzen wir im Kampf um Gleichstellung und Anerkennung unsere eigene Vielfalt aufs Spiel. Der Druck zum „hetero Verhalten“ und „Diskretion“ wird größer.
Die andere Seite der Medaille ist aber, dass sich Schwule untereinander selbst ins Aus drängen. Wir sprechen über Klischees und „Abneigungen“, die wir offen leben - meistens zumindest. Zu oft beruhen unsere Vorurteile auf oberflächlichen Vorstellungen und Ideen von zu langwierigen und ehrlich gesagt, veralteten Formen von Männlichkeit. Die Ironie ist, dass wenn wir versuchen männlicher zu sein und als hetero gesehen werden wollen, wir uns vor uns selbst verstecken. Wir achten darauf, nicht zu tuntig zu wirken und passen uns dem Mainstream an. Traurig eigentlich…
Es ist Zeit dass wir wieder unsere Individualität leben. Camp heisst nicht Schwäche, sondern am Besten definiert etwas Außergewöhnliches und Anregendes. Es feiert die Differenz, etwas das wie ein abwertendes Wort in der heutigen schwulen Welt erscheinen kann. Camp im engeren Sinne bedeutet etwas völlig seltsames, etwas , was mit Leidenschaft beginnt und lebt. Es gibt Kraft, es ist mutig und transformativ.
Wir müssen also anfangen, andere so zu akzeptieren wie sie sind - Toleranz könne wir nur einfordern, wenn wir sie selbst leben.
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