Ich weiß ja nicht, wie oft Sie in Ihrem Leben bereits travestiert haben. Will ich, wenn ich ehrlich bin, auch gar nicht wissen. Denn mit der Travestie, die sich in meinem Umfeld aufdringlichst immer mehr stapelt, bin ich beileibe schon genug beschäftigt. Is ja aber auch Wurst. Eigentlich geht es mir viel mehr darum heraus zu finden, ob Ihnen schon mal die unangenehme Situation widerfahren ist, in Strumpfhose und mit Zweithaar mit den öffentlichen Nahverkehrsmitteln durch die Gegend zu gurken. Nein?
Na denn passense ma uff. Nicht nur, dass die U-Bahn im Allgemeinen ja Geschmackssache ist, kommt es wahrscheinlich auch eher selten vor, dass Sie aufgerüscht wie die letzte Nutte von der Kurfürstenstraße damit unterwegs sind. Nun. Stellen Sie es sich doch einfach mal so vor: Nachdem Sie die letzten zwei Stunden damit zugebracht haben, sich unendlich viele Erdölderivate, gemischt mit Billigpigmenten, ins Gesicht zu schmieren, Ihren Körper in ein Minikleidchen in Größe 36 zu pfropfen, obwohl Sie sonst ja eher ne L brauchen, und dann auch noch das Treppenhaus in Kackstelzen überwunden haben, ist das Maß an Unerträglichkeiten für diesen Tag eigentlich schon längst voll. Aber der Arbeitstag, oder eher die Arbeitsnacht, hat ja noch gar nicht richtig angefangen.
Mit Fußschmerzen, einer juckenden Visage und schwitzend wie Rainer Calmund, nachdem er mindestens einmal ums Berliner Olympiastadion gejoggt ist, sollen Sie jetzt noch bis zur U-Bahn latschen? Dort noch warten, bis das gelbe Ding endlich angefahren kommt, um sich dann in nen Kaugummi zu setzen? Ich bitte Sie. Mal ganz abgesehen von all den Blicken und dem unqualifizierten Gesülze der Mitreisenden, eine wahnsinnig berauschende Vorstellung. Was bleibt Ihnen also, wenn Sie wie so viele Berliner kein eigenes Automobil besitzen? Richtig. Trampen. Wobei: Das mit dem Trampen ist aber wohl auch so ne Sache: Klappt in der Innenstadt wahrscheinlich nicht so gut. Haben Sie's schon mal versucht? Es halten zwar sicherlich ab und an mal ein paar Autos an. Aber deren Fahrer wollen Sie dann nach kurzer Preisanfrage statt zum Zielort wahrscheinlich eher in ein Stundenhotel fahren oder bei Hochdruck gleich auf dem nächsten Parkplatz durchwackeln. Oder es kommt die nächste Durchschnittsprostituierte angerannt und versucht Ihnen die Titten abzureißen, weil Sie ihr die Kundschaft abgreifen.
Also lieber Geld ausgeben statt einnehmen und doch das Taxi. Kurz das smarte Phone zücken, auf dem Bildschirm rumhacken und im Nu steht ein vanilleeisfarbener Benz, Baujahr 2009, vor Ihnen. Juchè. Wie es sich für eine Damen von Format, was Sie natürlich zweifelsohne in diesem Augenblick sind, gehört, falten Sie sich zusammen, um sich auf den Rücksitz zu quetschen - um keinesfalls die angenehme Beinfreiheit der Beifahrerseite zu nutzen. Denn: eine Lady sitzt hinten! Oder haben Sie die Queen schon mal auf dem Beifahrersitz gesehen? Kurz das Ziel, welches Sie in der App bereits angegeben hatten, bestätigen und los geht der wilde Ritt. Da sitzen Sie nun in einem kleinen Raum, zusammen gestaucht wie eine Ziehharmonika auf der Rückbank, für, na sagen wir mal locker 20-30 Minuten mit einem wildfremden Herren. Ihre Nase, welche sich mittlerweile an das eigene überdosierte Parfüm gewöhnt hat, durchlebt eine erneute olfaktorische Grenzerfahrung: zum drückenden Duftbaumaroma gesellt sich das herb stechende Aftershave, mit dem Ihr Chauffeur seine Kleidung und sich selbst mariniert haben muss. Sie fühlen sich schwummrig wie eine Klebstoffschnüfflerin und beten, dass nicht spontan eine Migräne einsetzt. Doch dann sorgt der Droschkenführer für Abhilfe: die erste Kontaktaufnahme.
An sich gibt es zwei grobe Einteilungen, was die Taxifahrer in Berlin angeht: Der Zaghafte und der Draufgänger. Ersterer startet die Anbahnung mit Augentennis, bei dem sie ständig zwischen den Spielfeldhälften Rückspiegel und Straßenverkehr hin und zurück wandern – hin stets langsam verstohlen, zurück dann ruckartig in seiner Begehrlichkeit ertappt. Aus Gründen der Erziehung und gesellschaftlicher Vorgaben lächeln Sie natürlich, wenn sich Ihre Blicke dann irgendwann treffen. Wer geht schon davon aus, dass der Herr am Steuer ganz andere Ideen, als soziale Normen, in der Birne hat. Nach zwei, drei weiteren Augenkontakten traut er sich dann zu einem kurzen: „Sie sind eine sehr schöne Frau.“ Damit hätte nun wirklich niemand gerechnet. Geschmeichelt geben Sie zurück: „Oh. Ähm. Danke. Wie reizend von Ihnen. Und Sie, ja. Nun. Sie scheinen ein talentierter Autofahrer zu sein?“
Nach ein bisschen mehr Small Talk und dem drohenden Ende der Fahrt, geht der kleine Duftstofftiger nun doch härter ran: „Sind Ihre Brüste echt?“ Etwas verdutzt aber nicht wirklich erschrocken kontern Sie: „Präzisieren Sie Ihre Frage. Echt im Sinne von Milchdrüsen- und Fettgewebe: nein. Echt im Sinne von 2 Plastikbeuteln gefüllt mit Silikon: ja.“ Er schmunzelt, biegt rechts in die Zielstraße ein. Sie sind fast schon etwas traurig, dass diese kecke Unterhaltung nun zu einem Ende kommen wird, oder einfach high von der betörende Duftkombi. Der Draufgänger macht das viel forscher. Ohne groß rumzuschwafeln, kommt er gleich zum Punkt. Dazu muss ich kurz sagen, dass ich persönlich Arbeitsökonomie ja echt super finde. Aber Folgendes ginge auch mir etwas zu weit. Kaum hält der Wagen vor Ihrem Ziel, überrascht Sie Ihr Fahrer mit folgender Aussage: „Wenn du mir einen bläst, dann musst du nichts zahlen.“ Daß Sie beiden schon beim Du gelandet sind, ging ja schnell. Relativ überfahren beginnen Sie in Ihrem Handtäschchen nach nem Zwanni zu suchen, bestellen die Quittung (Alles für die Steuer!) und lehnen beherzt aber dennoch dankend (Sie wissen ja: die gesellschaftlichen Zwänge) ab. Schon beim ersten Zug frischer Luft während Sie aussteigen, fragen Sie sich wirklich, welche Nutte, selbst in Berlin, für nen Blowjob nur nen Zwanni nimmt und ob Ihr Leben als Nymphomanin nicht, zumindest was Fahrtkosten betrifft, um so einiges günstiger wäre.
Für Fanmail, getragene Schlüpfer oder auch Beratung in Strumpfhosenfragen finden Sie mich hier.
Always use a condom. Tata.
Deine Weinhaus
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