Sehr verehrte Damen, Herren und Mischgeschlechter, mein Name ist Jacky-Oh Weinhaus, meines Zeichens Teilzeitmädchen, Bartdame, Pimmelpuppe – handelsüblich auch als Drag Queen bekannt. Die meisten von Ihnen kennen mich ja bestimmt. Nein? Gut. Dann haben Sie bisher so einiges verpasst. Aber keine Sorge: Wir holen das nach. In dieser fast brandneuen – und vor allem: mehr oder minder exklusiven – Kolumne nehme ich Sie 1x pro Monat mit in die Nacht. Nicht nur in meine, sondern auch in die Nächte von vielen schwulen, lesbischen, trans*gender, bi- oder intersexuellen Menschen sowie bekannten Berliner Drag Queens, und berichte investigativ vom manchmal sehr (un)glamourösen Cluballtag der Bundeshauptstadt.
Sie kennen das ja bestimmt auch, dieses mulmige Gefühl in der Scheide, das man über Tage, gar Wochen hinweg in sich trägt. Diese wage Sicherheit, dass etwas schlimmes auf Sie zukommt. Etwas bedrohliches, im Grunde genommen unerklärliches. Auf die Frage warum und woher dieses grässliche Phänomen rührt, konnte Ihnen bisher niemand eine adäquate Antwort liefern. Die Hoffnung, dass es doch nicht passiert, hatten Sie schon längst aufgegeben. Und dann doch, irgendwie unerwartet plötzlich, trifft es Sie wie ein Hirnschlag: die erste karierte kurze Männerhose (mit großen Seitentaschen) der Saison. Und dabei ist es tatsächlich nicht immer nur der geschmacksunterversorgte Bernd von nebenan, der sich damit schmückt. Nee. Unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung, tritt dieses fragwürdige Phänomen so ziemlich überall auf, wo es Beine gibt. Und da soll man nochmal sagen, die Homos hätten einen solch ausgeprägten Sinn für hochwertige Mode...
Wie dem auch sei. Sie dachten jetzt bestimmt, dass Transvestiten nur nächtens durch Clubs, Bars und Tanzlokale tigern, ihr Leben jenseits von Mittagsstunde und Sonnenschein fristen müssen und wohl eher zu einem Kohlebrikett verglühen, als zu bräunen - sofern sie sich einem UV-Bad hingeben. Da muss ich sie wohl aber leider enttäuschen - oder eben erfreuen. Je nachdem, wie sie auf diese unglaublich attraktiven und vor allem auch wandelbaren Gestalten reagieren. Auch Transen verlassen ab und an, die eine öfters, die andere eher seltener, das Nachtleben und gehen tagsüber raus. Vielleicht um etwas Wurst und Brot zu kaufen, sich die neusten Strumpfhosentrends bei Rossmann im Regal zu geben, zu nem Bumsdate zu brausen – oder es ist eben so spät geworden, daß es schon wieder früh ist und man deshalb mittags um halb 12 den Ku'damm entlang stakst.
Aber es geht ja jetzt nicht um das Verhalten von Transen im Sonnenschein, sondern um das besagte Beinkleid. Die farblichen und musterbezogenen Variationen, der an sich gar nicht so beschissenen Cargo-Shorts, nehmen von Jahr zu Jahr immer mehr zu. Die eine überrascht durch eine Linienkombi aus Petrol und Mauve, die andere erinnert farblich gesehen eher an ein leicht verquirltes, rohes Hühnerei, welches sich in dotter- und zartgelben Schlieren zu einem Karo-Stoff formt. Kariert sollte sie eben schon sein. Wobei, genau betrachtet, nehmen sich andere schrille Muster, wie grober Hibiskusblütendruck oder kecke Streifen gegenseitig auch nicht viel.
Je bunter und absurder, desto beliebter.
Doch wo rührt dieser Idiotentrend eigentlich her? Ist es eine heimliche Racheaktion heterosexueller Frauen, die ihren Typen, die sie eventuell dauernd betrügen, aber zum Klamottenkauf zu unselbstständig sind, eins reinwürgen wollen? Fällt der „Modeindustrie“ einfach nur noch Scheiße ein oder ist es gar ein heimliches Aufbegehren der Kinder in Bangladesh, die absichtlich nur noch unansehnliche Rotze produzieren, um den westlichen Industrienationen zurückhaltend aber flächendeckend optisch die Zähne aus dem Gesicht zu schlagen? Weiß man jetzt nicht. Was jedoch mehr als nur sicher ist, ist die Tatsache, daß diese Kleidungsstücke ein Angriff auf jedes geschmackvolle Auge darstellen. An dürren Beinchen baumeln sie wie leere, an strammen Schenkeln wirken sie dann doch eher wie gefüllte Kartoffelsäcke. Und sollte Person, welche diese haxenbezogene Schandmaske zur Schau stellt, sportlicheres Gebein besitzen, erinnert ihre Form dann an ein verbeultes Überraschungsei, welches zu lange in der Sonne lag.
Gemein haben sie jedoch alle eines: es ist selten auszumachen, ob tragende Person nur den Anschein erweckt, eingeschissen zu haben, oder ob es wirklich so ist. (Von einer olfaktorischen Überprüfung ist hier dringend abzuraten. Oder haben Sie Lust an fremden Ärschen in der Bahn oder bei Karstadt zu riechen?) Und so sollte man wirklich nicht rumlaufen. Wer möchte schon gerne seine Umwelt mit der Frage zurücklassen, ob man, aus welchem Grund auch immer, seinen Beckenboden nicht mehr unter Kontrolle hat.
Und jetzt stellen Sie sich bitte mal vor, wie sie nach ca. 16 Stunden Diskotraum auf die Straße treten. Sie wünschen sich, sie wären schon seit 9 Stunden im Bett und hätten nicht die letzte Nacht in Highheels, mit dem ein oder anderen Fläschchen Sekt im Blut, ca. 2 Schachteln Mentholzigaretten auf ihre Lungen verteilt und einer Dutte auf der Rübe, die ihr, sowie so schon völlig verkümmertes Gehirn von der Frischluftzufuhr trennt, verbracht. Sie zweifeln erneut an ihrer Zurechnungsfähigkeit und verteufeln ihre angeborene Polytoxikomanie. Gebeutelt wie Jesus auf dem Weg zum Golgatha versuchen Sie sich in das nächste Beförderungsmittel zu legen und dann steht wie aus dem Nichts der eben erst erwähnte optische Abschiss vor ihnen. Aufgrund ihres Zustandes ist ihre visuelle Aufnahmefähigkeit nur beschränkt verlässlich. Dennoch geben Sie sich einen Ruck und Fragen: „Bernd. Bist dus?! Kannste mich eventuell mit nach Hause nehmen?“
Für Fanmail, getragene Schlüpfer oder auch Beratung in Cargohshortsfragen finden Sie mich hier.
Always use a condom. Tata.
Deine Weinhaus
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