Sind schwule Männer ängstlich, wenn es darum geht immer nur neben dem gleichen Partner aufzuwachen? Würden Beziehungen länger halten – und aufregender sein – wenn sie nicht monogam wären, fragt Alex Hopkins in seinem neuen Beitrag im Gay.de Magazin.
Lest, was er denkt und bildet euch eure eigene Meinung:
Ich verpasse immer die besten Veranstaltungen. Zu Beginn des letzten Jahres wurde ich zu einer schwulen Hochzeit eingeladen. Nun, normalerweise hasse ich Hochzeiten, aber dies war eine, an der ich sehr gerne teilgenommen hätte.
Es wurde an nichts gespart: bei der Zeremonie in einer Kirche nicht, einer der Bräutigame – ein Künstler – trug schwarze Kleidung und bestand darauf, dass alle Gäste weiß trugen sollten. Für die Hochzeitsfeier in einem Underground-Club wechselte er auf weiß und kam auf einem weißen Pferd angeritten.
Die Gäste wurden anschließend zu einer 70`er Jahre Kabarett-Show eingeladen, während sie Poppers auf silbernen Servierplatten - von spärlich bekleideten Latino Kellnern - serviert bekamen. Ein dunkler Raum war natürlich auch da ;-).
Aber es war nicht nur die Hochzeit und die Feier selbst, die anders waren – es war die Ideologie hinter der Hochzeit. Hier war ein Ehepaar, das ein Engagement innerhalb der traditionellen heterosexuellen Struktur der Ehe machte, aber zu ihren eigenen Konditionen, um ihrem Lebensstil zu entsprechen.
Auf dem Weg zum Altar stand eine Kunstinstallation mit dem Namen „Something Blue“. Eine Bettdecke mit passendem Kissenbezug mit einem aufgedruckten Ganzkörperfoto von ihnen. In passenden Pyjamas, händchenhaltend. Sie luden dann 144 Männer ein, um mit ihnen Sex zu haben und die Bettdecke mit Sperma zu übersähen. Dies ist eine kraftvolle und sowohl skuriele Weise eine nicht-monogame Beziehung zu feiern.
Es ist einfach Vorurteile zu bilden, warum einige schwule Männer nicht die Monogamie wählen. Die häufigsten sind, dass sie entweder Angst vor ihr haben oder das sie einfach nur gierig sind. Männer werden Männer sein, sagt man: sie würden alles, was nicht bei drei auf einem Baum ist ficken, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten. Ich habe oft Leute in offenen Beziehungen schnell verurteilt – ohne nachzufragen welche Beweggründe sie geritten haben.
Im Fall des Paares, das ich gerade erwähnt habe, war einer von beiden anfangs ein extremer Monogamist, aber er hat sich in einen Mann verliebt, der es nicht war. Dies veranlasste ihn, alles was er gelernt hatte – und dachte – über die Monogamie, neu zu bedenken.
„Ich glaubte, dass Monogamie der einzige Weg war eine Beziehung zu führen oder sogar, wie sie sein sollte“, sagte er mir. „Aber als ich älter wurde und mehr schwule Männer und lesbische Frauen traf, die älter als ich waren und mehr Erfahrung als ich hatten, erkannte ich, dass die überwältigende Mehrheit der Beziehungen offene Beziehungen waren.“
Er bereut sicherlich nichts…
Als schwuler Mann in einer heterosexuelle Welt aufzuwachsen ist nicht immer einfach, uns werden nur wenige Beziehungsmodelle vorgelebt. Die vorherrschende ist die heterosexuelle, monogame Ehe – eine Vereinbarung verwurzelt in der Macho-Kultur. Historisch gesehen basiert dieses Model darauf, dass Frauen als ein Eigentum angesehen werden oder, um es anders auszudrücken: Es geht um das Gefühl jemanden zu besitzen. Dies setzt aber auch voraus, dass ein Paar von Anfang an sexuell komplett kompatibel ist und immer so sein wird. Die Realität sieht natürlich anders aus. Die sexuellen Vorlieben ändern sich im Laufe der Zeit; Menschen werden experimentierfreudiger. Sie möchten neues probieren.
Was wir wirklich hätten tun sollen, ist eine Debatte darüber, welchen Stellenwert Sex für uns hat.
Wenn wir wirklich jemanden lieben, würden wir seine Wahl und Erfahrungen begrenzen wollen?
Ein Mann sagte ein mal zu mir: „Wie kann es sein, dass jemandes Freiheit einzuschränken ein Liebesakt ist? Wenn der Mann den du liebst gerne gefesselt und ausgepeitscht werden möchte, warum machst du es dann nicht? Und wenn nicht, warum lässt du ihn nicht seine Erfahrung selber sammeln?“
Ein Fazit wäre: mehr schwule Beziehungen, in denen vielleicht immer noch „gespielt“ wird. Partnerschaften, in denen der Sex zwar existent ist, aber jeder noch seine spielerische Freiheit genießen kann. Oder?!
ZitierenDie Ehe ist kein Spezialgeschäft für Sexualität. Ebenso töricht ist die Forderung, alle Sexualbeziehungen im Rahmen der Ehe zu erfüllen, als wolle man verlangen, nur zur Mahlzeit und in bestimmten Lokalen Hunger zu haben.(Alfred Döblin)
Der Zyniker in mir hat immer gesagt, dass schwule Männer monogam sind bis etwas besseres daher kommt. Und ja, ich habe es erlebt: mit dem einen anbandeln, aber auf der Suche nach einem heißeren Typ sein. Im Cyber-Zeitalter werden wir mit unzähligen anderen Möglichkeiten bombardiert. Es ist das Zeitalter der Massenverbindung, doch paradoxerweise auch die des Massenverbindungsabbruch.
Wie sinnlos diese kurzen Gespräche und oft ebenso kurzen Begegnungen sein können kennen wir alle.
Eine andere Option gibt es immer - man muss sich nur entscheiden. Es gab schon immer andere Optionen da draußen.
Es ist die menschliche Natur, sich von mehr als eine Person angezogen zu fühlen und man braucht oft erhebliche Willenskraft um nicht auf diese einzugehen. Aber was genau erreichen wir im mit unserem Widerstand? Die Idee des Opfers und der Versuchung steht der Art der religiösen Lehre gleich, die uns sagt, dass Sex heilig ist - Überzeugungen, die in vielen Fällen in unsere Seelen seit der Geburt eingetrichtert werden. Ängstlich vor der Monogamie oder mutig genug um Tausende von Jahren einer Machtstruktur infrage zu stellen?
Es ist deine Entscheidung...
Letztlich kommt es darauf an, wie wir Sex und Emotionen aufteilen. Das Ehepaar deren Hochzeit ich verpasst habe, hat eine sehr gesunde
Haltung gegenüber diesen: „Wir sind emotional monogam, was für uns viel wichtiger ist, als sexuelle Monogamie.“
Das ist harte Arbeit meinte einer der beiden, aber es lohnt sich. „Ich kann mit meinem Freund Sex haben und morgens Liebkosungen empfangen, aber wenn ich meine perverse Seite ausleben möchte, dann hat das absolut keinen Einfluss auf meine Beziehung.“
In der Praxis hört sich das gut an, aber es ist sicher nicht einfach, wenn du Emotionen und Sex mit einander verbindest.
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