Sexpositive Parties liegen nicht nur in Berlin im Trend. Immer mehr Städte und Regionen entdecken eine neue Partykultur für sich. Doch was hat es damit auf sich?
von Alex Baur
Sex positive Partys sind plötzlich in aller Munde: Immer mehr bekannte Clubs zelebrieren in deutschen Städten wie Berlin und Köln die ungezwungene Sexualität. Im Internet finden sich unzählige Erfahrungsberichte, Bewertungen und Tipps für einen gelungenen Abend nach dem neuen sex Trend – sexpositiv zu feiern ist mittlerweile ein regelrechter Hype. Dabei ist die Idee überhaupt nichts Neues: Denn das, was die Mainstream-Clubszene gerade ausprobiert, ist in der queeren Community schon seit den 80er-Jahren bekannt. Haben schwule Männer den Heteros also das Feiern beigebracht?
Sexpositiv Party zu machen war für queere Menschen eigentlich noch nie ein Fremdwort: Bevor es das Internet mit Seiten wie Gay.de gab, war es schließlich keine Selbstverständlichkeit, andere queere Menschen in seiner Umgebung kennenzulernen. Schwule Männer, lesbische Frauen und queere Menschen brauchten einen Freiraum, in dem sie ihre Sexualität ausleben konnten, ohne dafür gesellschaftlich geächtet zu werden oder gar eine Straftat zu begehen. So bildete sich in der New-Yorker Clubszene in den 80er-Jahren eine Untergrundbewegung, die das sexpositive Feiern erfand und queeren Menschen die Chance gab, ihre Sexualität zu erkunden. Der Trend schwappte letztendlich auch nach Europa über: Queere Clubs in Paris und London, aber auch in deutschen Städten wie Berlin und Köln zelebrierten die ungezwungene Sexualität.
Tatsächlich darf man sexpositive Partys aber nicht mit Swinger- oder Sex Clubs verwechseln. Während Sex Clubs darauf ausgelegt sind, dass ihre Besucherinnen und Besucher bunt miteinander schlafen, sehen viele Veranstalter sex-positive Partys mittlerweile eher als Möglichkeit, ein neues Bild von Sexualität anzustoßen. Während es früher also noch um einen Schutzraum für queere Menschen ging, möchten Clubs und Vereine heutzutage auch für heterosexuelle Menschen eine Atmosphäre schaffen, in der jede*r sich sicher und wohl fühlt, die eigene Sexualität zu erkunden und auszuleben. Auf sex-positiven Partys muss niemand nackt kommen oder Sex haben: Vielmehr werden die Besucher*innen dazu ermutigt, sich treiben zu lassen und zu experimentieren.
Plötzlich ploppen überall in Deutschland und Österreich Veranstaltungen auf, die den Sex Trend aufgreifen: Die Pornceptual-Reihe in Berlin etwa feiert die Zusammenkunft queerer und Hetero Menschen, die hier neue Räume finden, um ihre eigene Sexualität zu hinterfragen; auch in Wien gibt es regelmäßige Veranstaltungen von Kollektiven, die sexpositive Partys organisieren. Wo queere Menschen schon seit knapp 40 Jahren die Möglichkeit haben, ihre Sexualität beim Feiern auszuleben, scheint das für viele heterosexuelle Menschen noch Neuland zu sein: Deshalb gibt es auf vielen sexpositive Partys auch speziell geschulte Vertrauenspersonen, an die sich die Partygänger*innen wenden können. Der Hype scheint im Austesten der Grenzen zu liegen, denn wo sonst kann man sich so fallen lassen und neue (sexuellen) Erfahrungen machen, wie auf einer sexpositiven Party?
Während nun also feierwütige Heteros auf sexpositiven Partys Ein- und Ausgehen, bleibt die Frage, was der neue sex Trend für queere Menschen bedeutet. Ist noch genug Platz in der deutschen Clublandschaft für exklusive Gay Partys? Oder brauchen wir beim sexpositiven Feiern Labels wie schwul, lesbisch und hetero eigentlich gar nicht mehr? Schreibt uns in die Kommentare, was ihr von dem Hype um sexpositive Partys haltet!
Wann finden die nächsten erotischen Parties und Events in deiner Nähe statt? Welcher Club lohnt sich besonders? In unserem Event-Kalender werfen wir einen Blick auf die angesagtesten Gay Events in den kommenden Wochen.
Die wohl bekannteste und berüchtigste sexpositive Party nennt sich ganz schlicht “Porn” by Pornceptual und findet regelmäßig in Berlin statt. Das Pornceptual Kollektiv veranstaltet nicht nur sexpositive Partys, sondern sorgt mit Ausstellungen und Kampagnen für eine neue Wahrnehmung von Pornos. Pornceptual möchte dabei mit Stereotypen brechen und die Sexualität aller Menschen zelebrieren. Das nächste Mal steigt “Porn” am 28.03. in der Alten Münze Berlin.
“Poly.Motion” in Berlin versteht sich als neue Mischform bestehender Party-Konzepte: Egal ob die Besucher*innen hier nur zum Tanzen oder doch für Aufregung im Darkroom kommen, die Veranstalter*innen möchten für ihr Publikum einen Safe Space etablieren, in dem sich jede*r fallen lassen kann um die besondere Atmosphäre gemeinsam zu genießen.
Noch ist nicht sicher, wie lange es den legendären Kitkat Club in Berlin noch geben wird. Deshalb lohnt es sich auf jeden Fall, “GEGEN” im berühmt-berüchtigten Club einen Besuch abzustatten. Die Organisator*innen möchten mit ihrer Partyreihe wortwörtlich gegen vorgefertigte Rollenbilder und sexuelle Klischees kämpfen und allen Menschen die Möglichkeit geben, sich auf ihren Partys (sexuell) zu entfalten.
Von wegen spießig und purer Grant: Das Wiener Partykollektiv Hausgemacht schmeißt mit der Partyreihe “Zusammen Kommen” in diversen Clubs der österreichischen Hauptstadt sexpositive Parties. Das Besondere: Teilnehmen dürfen nur Menschen, die vorher online einen ausführlichen Fragebogen beantwortet haben und es so auf die Gästeliste schaffen. Damit will das Wiener Kollektiv für eine sichere und entspannte Party sorgen.
Dass man nicht in einer Großstadt leben muss, um in den Genuss des sexpositiven Feierns zu kommen, beweist die Reihe “Kinky Galore” by Jan Ehret. Die Partyreihe zieht sich durch alle möglichen Städte in Deutschland und bringt allen somit das sexpositive Feiern ein bisschen Näher. Am 13. März haben alle Interessierten aus Erfurt die Möglichkeit, sich in ihre sexy Outfits zu werfen und neue Seiten ihrer Sexualität zu entdecken.
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