Sex ist leicht und fast immer verfügbar - zumindest in der schwulen Szene. Aber was passiert, wenn der Sex den wir haben, uns im Weg steht. Zerstört Sex die Intimität? Der Journalist Alex Hopkins teilt seine Erfahrungen in der Szene mit euch.
Sexuell war ich ein Spätzünder. Ich war ein seltsames Kind. Bis ich 15 war, habe ich mich immer in meinem Schlafzimmer versteckt und meine Kuscheltiere vorgeschoben. Dann - mit 16 – in einem Rausch von Begeisterung – entdeckte ich ein Buch über die Fortpflanzung. Meine Zeit der hemmungslosen Selbstbefriedigung beginnt. Ich habe Stunden damit verbracht, obszöne Bilder von männlichen Körpern, mit krausen Schamhaaren zu zeichnen, die ich dann unter dem Bett versteckte. gleich daneben: ausgeschnittenen Bilder von Filmstars. Ohhh, die Dinge, die Keanu Reeves und ich machten – sind immer noch in meinem Kopf.
Kindheit: Scham und Fremdschämen
Ich habe immer viel Zeit mit Nachdenken verbracht. Während meiner Zeit in der Grundschule hatte ich kaum Freunde, auch auf dem Gymnasium war das noch so. Ich wurde gemobbt - regelrecht gehasst und immer wieder von anderen fertig gemacht. Bis zu dem Punkt, als ich explodierte und mit 17 eine Überdosis nahm. Ich konnte meinem Ich habe nicht entkommen, ich musste mich guten. Und Vieles wurde einfacher. Ich stand zu mir und meiner Sexualität.
Hinter dem Rücken des Trainers hatte ich auf einmal einen Freund. Wir hatten nicht viel gemeinsam, außer das wir beide von der Pubertät gezeichnet waren. Ich wagte meinen ersten Ausflug in die Szene. Wo sonst könnte ich meine sexuellen Begierde so einfach stillen?!?
In der schwulen Welt war es einfach andere kennen zu lernen, einfach Sexkontakte zu generieren. Es war wie im Supermarkt: Jack Daniels und Cola gab es immer und wir waren die Besten Freunde. Ich floh noch ab und an in meine Gedankenwelt - Szene und /oder Alkohol. Das war mein
Leben.
Die schwule Szene: Der Spielplatz wo alles möglich ist?
Die Szene - Das war mein Leben. Die Männer mochten mich und ich konnte nicht genug von ihnen bekommen. Dann habe ich das Cruising entdeckt. Ein Kind in einem Süßwarenladen? Ich war wie Charlie – high von Poppers – am herumspringen durch Willy Wonkas Schokoladenfabrik. Mein Sexualleben wurde schnell zu einen Beutezug. Würden die Leute, die mit mir schliefen, den kleinen Jungen der allein auf dem Spielplatz stand vergessen?
Mit Ausnahme einer kurzen „richtigen“ Beziehung, waren meine 20´er die Blüte meines Lebens. Cruising war mein Leben, später dann der Besuch der schwulen Saunas. Aber wo war das Problem? Ich hatte Spaß. Die Namen der vielen Männer kannte ich nicht, aber warum auch. Ab und an hinterfragte ich meine „Taten“. Wie deren Leben so wahr. Ob wie die gleichen Ängste und Träume teilten? Ich weiß es nicht, ich habe mir selten die Mühe gemacht es herauszufinden.
Mitten in der Szene - Der erste Eindruck bleibt hängen.
Die Suche nach Intimität
Weil schwule Männer in einer heterosexuellen Welt aufwachsen, fehlt ihnen oft ein Mentor. Heterosexuelle Beziehungen sind alles was wir sehen und kennen, Unsere Wünsche aber, leben wir meist versteckt aus, denn es soll ja keiner wissen. Nennte man das Scham? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es aber die Angst vor der Intoleranz der anderen.
Manchmal denke ich, dass sich seit meiner Überdosis mit 17 wenig geändert hat. Selbstmord ist immer noch die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 24. Wie das Trevor Project berichtet ist die Selbstmordrate bei LGBT Jugendlichen vier Mal höher
als bei gleichaltrigen Heterosexuellen. Meine Meinung: Isolation tötet.
Am Ende suchen wir doch alle das selbe: Eine glückliche Beziehung zu einem Menschen, den wir lieben. Mein Fehler war es, diese Suche aus den Augen zu verlieren. Besser gesagt, der Drang nach Sex hat mich einfach vergessen lassen. Erst mein Therapeut hat mir auf die Sprünge geholfen. In einer Sitzung fragte er nicht, was ich denn jedes Mal suche, wenn ich eine schwule Sauna aufsuche. Ich antwortete: „Sex“ - aber ich war mir bewusst, dass ich jedes Mal ein Stück von mir Aufgabe und meine Intimität verlor.
Lieben zu lernen
Ein Freund sagte mir was mein Problem sei: „Du benutzt die Männer, die du triffst wie einen Dildo.“ - Ich konterte mit: „Ich komm auf meine Kosten und muss mir nicht seine Probleme anhören. Wo ist das Problem?“
Die Wahrheit aber ist; Ich habe keine Ahnung vom Beziehungsleben. Ich hatte ja nur eine. Eine kurze, aber keine Ahnung, wie ich mit einem Partner umgehen sollte. Beim ungezwungenen Sex, wusste ich was ich wollte - für eine Beziehung nicht. Die Szene war mein Leben.
Sind wir alle „sexsüchtig“?
Vielleicht. Der US-Nationalrat der Sexsucht und Zwanghaftigkeit definiert Sexsucht als „sich an persistenten und eskalierenden Strukturen des Sexualverhaltens auszuleben, trotz der zunehmenden negativen Auswirkungen auf sich selbst und andere.“ Der Begriff ist zu viel verbreitet für meinen Geschmack und schlägt vor, ein „Ein-Tatbestand für alle“-Verhalten vor. Probleme schwuler Männer sind, glaube ich, einzigartig und sehr komplex – und jeder Einzelne hat seine eigene Geschichte. Aber ja, ich bin überzeugt, dass ein Teil von mir Sex benutzt hat, um meine Gefühle zu betäuben, um ein bisschen weniger Leere im Inneren zu fühlen.
Ich bin aber nicht davon überzeugt, dass anonymer Sex auf Dauer funktioniert und glücklich macht.
Nach meinem 30 Geburtstag, habe ich begonnen mein Leben umzukrempeln. Ich habe zum mir gestanden, mich selbst angefangen zu akzeptieren. Ich habe gelernt anderen zu vertrauen und mich auf andere einzulassen. Manchmal war es ein Qual, aber quälen lassen kann ich mich ja immer noch in dem Lokal um die Ecke. Die haben alles, was ich für eine Flucht nach vorn benötige. Ansonsten lebe ich jetzt anders…
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