Warum legen schwule Männer so viel Wert darauf, rein aktiv oder passiv zu sein? Und warum sind mehr Männer lieber passiv und lassen sich gern ficken? Was sagen die Angaben top oder bottom in unserem Profilen über uns und unser Beziehungsleben aus - Alex Hopkins fragt nach…
Willkommen in „Bottom-Town“
Die Party lief ganz gut – bis es passierte: Und ich hätte es kommen sehen müssen. Ein netter Kerl saß in der Ecke, in die er eine halbe Stunde früher mit einem völlig verzweifelten Blick in seinem Gesicht gegangen war. Ein Blick, der sich im Laufe des Abends und unter Alkoholeinfluss langsam in einen wütenden wandelte. Um Mitternacht hatte er sich von den anderen im Raum zurückgezogen und war dabei durch seinen Grindr-Account zu scrollen. Ich saß direkt neben ihm.
„Was ist denn los?“, fragte ich. „Du siehst nicht sehr glücklich aus.“
Er starrte mich an und hielt das Handy in mein Gesicht. „Würdest du glücklich sein?“ brüllte er und deutete auf einen glänzenden Torso nach dem anderen. „Bottom! Bottom! Bottom!“ - er warf das Handy in seine Tasche und stand auf. In seiner ganzen Pracht stand er vor mir und fuhr fort. Anhand der anderen Personen im Raum fing er an zu selektieren: „Bottom! Bottom! Bottom! Gar kein Top unter denen!“ schrie er, bevor er zur Haustür ging und sie hinter sich zuschlug.
Bizarre Chats
Der Mann hatte nicht ganz Unrecht. Nur ein flüchtiger Blick in irgendeine Dating-App zeigt, dass es ein unproportionales Verhältnis zwischen Tops und Bottoms in den meisten Städten gibt. Es scheint, dass mehr Männer das betreiben, was man als „Politik der offenen Tür“ bezeichnen könnte. In der Tat ist es für bekennende „Power Bottoms“ zwar weniger die „offene Tür“ und mehr eine Art „Drehtür“ in einem großen Kaufhaus.
Schwule Männer - und das ist anders als bei allen anderen Gruppen – müssen ihre sexuellen Vorlieben immer wieder äußern und oftmals gar verteidigen. Bei Heteros ist das anders. Bei denen ist es klar, was passiert, wenn man zusammen nach Hause geht iim miteinander zu schlafen. Die Rollen sind in der Regel vorgegeben, die peinlichen Gespräche im Vorfeld entfallen.
Aber dank der unzähligen „Butt-Pics“ in den Profilen diverser Dating-Apps, hat sich dieser Dialog schon minimiert. Man weiß ja schließlich worauf es ankommt - Ob das gut ist, steht auf einem anderen Blatt. Eine Tatsache bleibt allerdings: zwei Tops oder zwei Bottoms zusammen sind in der Regel sexuell inkompatibel – oder, wie ein lieber alter Freund es gerne sagt: „Zwei Marrys im Bett machen keine Ehe.“ Kurz gesagt: für schwule Männer kann die sexuelle Rolle ein kompletter Deal-Breaker werden.
In der Regel ist es unangenehm - wenn wir keine App oder Bildnachricht nutzen, um unsere steifen Penisse und geweiteten Arschlöcher zu präsentieren - miteinander zu sprechen. Darüber was man mag, welche Vorlieben man hat und was absolute No-Go´s sind. Aber wie können wir diese peinliche Situation vermeiden? Wie umgehen wir die kostbare Zeit um herauszufinden das wir am Ende doch nicht miteinander ins Bett gehen werden?
In vielen hetero Dating-Portalen ist das ein Problem, denn es fehlt die Möglichkeit der Auswahl. Aktiv oder passiv - in den meisten Fällen kann ich als Mann nicht aus einem Drop-Down meine Position wählen. Warum auch?! Heteros spielen doch nur eingleisig - Das ist nicht lache…
Die Lösung ist auf jedenfalls darüber zu sprechen: In den privaten Nachrichten, im Profiltext - es eben einfach zu sagen. Früher oder später kommt es eh zur Sprache und so umgeht man wenigstens eine herbe Enttäuschung.
Versatile oder „beide Richtungen“?
Wie sonst können wir mit diesem „Problem“ umgehen. Die offensichtliche Antwort ist „versatile“ zu werden. Ein weiteres Label, das der selbe liebe alte Freund von mir – ein lebenslanger Bottom – spöttisch als „lausig beide Richtungen bespielen “ bezeichnet.
Sexuelle Rollen – wie so viele Aspekte des Lebens – können im Laufe der Jahre variieren und sich weiterentwickeln. Ein Kerl, der in seiner Single-Zeit zu 100% top war, kann in einer Beziehung zu einen Bottom werden wenn, wenn Vertrauen und Liebe aufgebaut sind. Seltsamere Dinge sind sicherlich schon passiert.
Versatile zu sein ist daher vielleicht das ultimative „Verkaufsargument“, aber auch eines, dass nicht alle Männer bereit sind einzugehen. Einige können es sich einfach nicht vorstellen und andere mögen es nunmal nicht, wenn man in sie eindringt. Ihnen reicht es der Aktive zu sein, den anderen zu bespielen.Betrachtet man nun die Vielzahl der passiven Jungs, könnte man sogar meinen, dass sie in einer privilegierten Minderheit sind.
Entweder das oder si können sich als „Dienstleister“ fühlen - „get served“ ist das neue IN.
Vielleicht legen wir aber auch einfach zu viel Wert auf Analsex - wahrscheinlich durch schwule Medienberichtet und Pornos geprägt.
Und wenn du es nicht machst, dann macht es eben ein anderer und du bist kein Teil der Gruppe. That´s life!
Ich denke, das schönste am Sex ist das experimentieren. Sich ausprobieren, mit dem Partner neues erleben und das Vergnügen des Lebens und Nehmens gemeinsam zu erleben. Und das können auch viele verschiedenen Partner sein…
Stereotypen
Der Kernpunkt unserer anstehenden Diskussion sollte jetzt aber nicht sein, wer top und wer bottom ist und welche Lieblingsstellung ein jeder hat, vielmehr sollte es darum gehen, wie wir miteinander umgehen.
Wie schnell sind wir, wenn es um Etiketten und Vorurteile bezüglich der sexuellen Vorlieben und Rollen geht? Allzuoft fallen wir in Stereotype auf Basis des Aussehen: Der feminine Friseur ist der unersättliche Bottom, der bequem einen Verkehrskegel schlucken könnte. Der Soldat ist der aggressive Top mit einer Bohrmaschine zwischen seinen Beinen.
Die Vermutung ist häufig, dass der Bottom irgendwie feminin ist – oder sich selbst entmannt, indem er sich dominieren lässt. Wird er penetriert, verliert er ein Stück von sich selbst und versinkt in den Machenschaften des Top - Wie in einem kitschigem Liebesroman, mit einer zerbrechlichen Heldin.
Die traurige Realität ist nicht – wie der enttäuschte Party Gast dachte –, dass es einen Überfluss an Bottoms gibt, sondern dass wir uns zu sehr von Vorurteilen leiten lassen und mögliche Partner ablehnen. Was wir mögen oder auch nicht, basiert meist nicht nur darauf, was wir im Bett gern machen. Wir sind beeinflussbar und passen uns nur allzugern an…
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