Alex Hopkins spricht mit Greg Owen, einem Vorreiter im Kampf um die PrEP, über die zur Verfügungstellung der HIV-Prophylaxe für Männer, die Sex mit Männern haben. Die Deutsche AIDS-Hilfe spricht von einer sinnvollen Ergänzung der HIV-Prävention in Deutschland. Ihrem Bericht nach, hat „[…] die Pharma-Firma Gilead bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA die Zulassung des HIV-Medikaments Truvada zur vorbeugenden Einnahme beantragt. […]“. Eine Zulassung wird erhofft, damit die Prä-Expositions-Prophylaxe ( "Vor-Risiko-Vorsorge"), kurz PrEP, auch Menschen zugänglich gemacht wird, um HIV-negativ zu bleiben.
„Meine eigene PrEP Erfahrung war, in der Tat, sehr kurz,“ erzählt mir der 35 Jährige Greg Owen. Zusammen mit seinem Freund Alex Craddock, hat Owen eine Website erstellt, deren Ziel ist es, alle Informationen zu Truvada zu sammeln. Informationen, die den Beilagenzettel eines Medikaments ergänzen. Truvada, die tägliche Präventions-Pille, die schwule Männer von HIV-Infektion schützt, wenn sie Sex ohne Kondom haben.
Alles begann letztes Jahr. An einem Abend, an dem Owen es geschafft hatte, eine zwei Monats-Lieferung an Truvada von einem HIV-positiv Freund zu bekommen, der seine Medikamente geändert hatte. „Ich beschloss, dass ich meine Erfahrungen dokumentieren würde: jede sexuelle Begegnung, jeden Chill-Out, jede Sex-Party und monatlich einen Test für sexuell übertragbare Krankheiten für eine Dauer von sechs Monaten machen würde. Das war der Grundstein für mein Truvada-Tagebuch.“, erklärt er. Doch dann geschah etwas, dass mein Leben veränderte: „Am nächsten Morgen bin ich in einem Bus gehüpft, um einen HIV-Test zu machen. Ich wollte bestätigen, dass ich negativ war. Ich hatte schon die Einleitung meines PrEP Tagebuchs geschrieben, als ich in der Klinik ankam. 20 Minuten später war ich HIV-positiv. Pure Ironie! Mein Tagebuch war nun ein HIV-Tagebuch.“.
Owens Offenheit mit dem Umgang seines HIV-Status in Social Media und Co. führte zu einer Menge Fragen über PrEP. Er und Craddock reagierten mit der Einrichtung ihrer Website. Anders als in den USA, ist in Großbritannien und Deutschland noch nicht soviel über PrEP in den Medien berichtet wurden, zumindest nicht öffentlich. Die beiden Männer gingen auf eine Mission: Sie wollten das Bewusstsein über das, was sie als eine Revolution ansehen, erhöhen. „Wir haben mit der wichtigsten Frage begonnen: Warum sind PrEP-Medikamente noch nicht auf dem Markt und warum informieren die Krankenkassen nicht darüber? Was ist das wirkliche Problem hier? Schwule Männer sind interessiert, haben sich Informationen zur PrEP geholt und sich über Vor- und Nachteile informiert. Die Nachfrage ist also vorhanden.“
ZitierenBei der Prophylaxe verhindert das HIV-Medikament Truvada, dass sich das Virus im Körper einnisten kann. Aktuellen Studien zufolge funktioniert diese Präventionsmethode zuverlässig bei einer relativ kleinen Gruppe schwuler Männer, die ein besonders hohes HIV-Risiko haben (zum Beispiel weil es ihnen schwerfällt, sich mit Kondomen zu schützen). Die vorbeugende Einnahme von Truvada kann also nachweislich HIV-Infektionen verhüten. (Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe)
Truvada ist bereits in den USA erhältlich und die Menschen sind in der Lage, das Medikament über ihre Krankenversicherung und die Gilead Co-Pay-Regelung zu erhalten. In den meisten EU-Ländern, ausgenommen von Frankreich, ist es derzeit noch nicht erhältlich. In Deutschland und den Niederlanden gibt es Beschränkungen für den Import, eine Zulassung bei der EMA wurde aber bereits beantragt. Derzeit bleibt dem Konsumenten nur die Möglichkeit über private Reisen, das Medikament (illegal) zu importieren.
„Das Feedback der Patienten ist so gut, dass mehrere hochkarätige UK-Gesundheits-Zentren Informationen von Verbrauchern sammeln wollen, die ihre PrEP online kaufen.“ sagt Owen. Die erhobenen Informationen würden dann Online-Verkäufer, vor allem aber eine Aufzeichnung der Wirksamkeit dokumentieren. Owen und Craddock ermöglicht es, ihre Website mit ständig überprüften Zahlen zu füttern und eine Liste alle Verkäufer zu zeigen. Für Owen gibt es keinen Zweifel: PrEP ein Mittel, das die HIV-Prävention verändert. Auch wenn es viele Diskussionen hervorruft und die Nutzer als „Truvada-Nutten“ bezeichnet werden. Einige Kritiker des Medikaments behaupten auch, dass es ein verantwortungslosen Sexualverhalten fördert.
Hat Owen Feindseligkeit erlebt?
„Ich erinnere mich an einen Kerl, der mir auf Facebook wirklich einmal vorgeworfen hatte, dass ich nur nach einer Entschuldigung für Bareback suche. Du kannst dir meine Reaktion sicher vorstellen… Er schimpfte über Bare, über PrEP und bezeichnete mich als Nutte. Dass für mich eine PrEP eindeutig nicht in Frage kommt, hat er nicht begriffen - er wusste aber auch nicht, dass ich HIV-positiv bin. Erst nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich mit dem HI-Virus infiziert bin hat er seine Haltung geändert. Plötzlich durfte ich mein Vorhaben - die PrEP zu unterstützen - weiter verfolgen.“ Owen ist fest davon überzeugt, dass diese Reaktionen immer in Frage gestellt werden müssen und geht noch einen Schritt weiter: „Wir müssen lernen zu verstehen, dass die AIDS-Informationen der 80er immer noch in den Köpfen der Leute sitzt und neue Konzepte und Lösungen viel intensiver publik gemacht werden müssen. Das Sexualverhalten hat sich verändert und es ist zwingend notwendig über Safer Sex zu informieren und die HIV-Prävention an das Jahr 2016 anzupassen - wir leben nicht mehr vor 30 Jahren. Auch nicht vor fünf.“
„Es ist komplex, es ist eine große Sache“, gesteht er ein „aber ich glaube, wir können es schaffen. Ein Anfang wäre es, wenn wir nicht verurteilen und beurteilen was andere Menschen machen, sondern ehrlich zu ihnen sind.“, merkt Owen an.
Ich weise darauf hin, dass die PrEP zwar vor HIV schützt, sie aber nicht vor anderen sexuellen Infektionen schütz. „Andere sexuell übertragbaren Krankheiten haben seit Mitte der 90er Jahren ständig zugenommen,“ antwortet er und fügt hinzu, dass ich sein Blog lesen soll um seine Gefühle zu diesem Thema zu verstehen. In seinem Beitrag, wird eindeutig beschrieben, dass eine „PrEP einen wirksamen Schutz vor HIV bietet – sonst nichts.“ Abschließend erklärte er mir, dass man grundsätzlich unterscheiden muss. STI und PrEP sind nicht ein und das selbe. Und Männer, die es gerne „bare“ machen, die wollen es nicht auf basis einer PrEP, sie vögeln ohne Schutz und wollen das so.
Aber wie ist seine Meinung, wie denkt er persönlich über die Verwendung von Kondomen? Ist der uns bekannte Safer Sex veraltet? Und haben die Männer in seiner Umfrage zugegeben, dass die PrEP eine echte Alternative zu Kondomen ist?
„ Das ist nicht so einfach zu erklären und ich bin mitten in einem Konflikt mit mir selbst. In Diskussionen muss ich mich manchmal zusammenreißen und vorher überlegen, was ich sage. Auch weil ich so eng mit dem Thema verbunden bin - vor allem in Großbritannien. Letztlich entscheidend ist nicht meine persönliche Einstellung, sondern das Beste für die Kampagne.“, gibt Owen zu verstehen. „Ich glaube wirklich, dass es eine sehr persönliche Frage ist und jede Person sollte eigens beurteilt, erörtert und die jeweilige Situation betrachtet werden. Ich persönlich werde immer wollen, dass die Person/Personen mit der/denen ich Sex habe immer geborgen und entspannt ist/sind. Wenn das bedeutet, dass das Tragen eines Kondoms ok ist, dann ist das cool. Wenn es bedeutet kein Kondom zu benutzen, dann ist es eine Entscheidung die wir zusammen machen.“, fügt er an.
Durch sein Engagement und seinen Einsatz für die PrEP ist Owen in Großbritannien so bekannt, dass er und Craddock Ende des Monats an einer internationalen Konferenz zur HIV-Prävention in Brüssel teilnehmen werden. Gemeinsam mit Verbänden und Organisationen soll erreicht werden, dass nicht nur Truvada bekannter wird, sondern viel mehr, dass Präventionsarbeit in alle Richtungen immer weiter verfolgt werden muss.
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Weitere Informationen zum Thema PrEP der Deutschen AIDS-Hilfe
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