Die Abkürzung PrEP steht für das Wort Prä-Expositions-Prophylaxe, das sich am ehesten mit „Vor-Risiko-Vorbeugung“ übersetzen lässt. Menschen, die HIV-negativ sind, nehmen im Rahmen einer PrEP ein Medikament also prophylaktisch ein, um sich vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu schützen. PrEP ist in dieser Hinsicht eine Revolution in der Aids-Bekämpfung und ein großer Schritt in der medizinischen Forschung. Durch die Kombination aus den Reverse-Transkriptase-Hemmern Tenofovirdisoproxil und Emtricitabin (Truvada®) ist es möglich, sich gezielt medikamentös vor der HIV-Infektion zu schützen.
In Deutschland leben knapp 88.000 HIV-Erkrankte und seit dem Beginn der Epidemie hat die Immunkrankheit mehrere zehntausend Menschenleben in der Bundesrepublik gefordert. Obwohl jeder Mensch sich anstecken kann, galt Aids lange Zeit als die „Schwulen-Seuche“. Bereits seit den 80iger Jahren wurde nach Heilmitteln gesucht und Millionen an Spenden-Geldern flossen in die Forschung zur Bekämpfung der Krankheit. Es hat sich einiges getan - mittlerweile können Menschen mit entsprechender Therapie ein langes und erfülltes Leben führen. Die Ansteckung muss nicht mehr bedeuten, dass man daran auch sterben wird. Mit der PrEP ist nun ein Mittel erhältlich, dass dazu dient, sich vor dem HI-Virus zu schützen.
Leicht mit einer PrEP zu verwechseln, ist die sogenannte PEP (Postexpositionsprophylaxe). Eine PEP wird jedoch im Gegensatz zur PrEP erst nach einem HIV-Risikokontakt verschrieben, um eine mögliche Infektion noch zu verhindern.
Bei einer PrEP wird ein Medikament aus der HIV-Behandlung eingesetzt, welches das HI-Virus daran hindern soll, sich im Körper zu vermehren. Konkret funktioniert eine PrEP dabei wie folgt: Die Wirkstoffe des Medikaments gelangen in die Zellen der Schleimhäute und setzen sich dort fest. Wenn die Schleimhäute beim Sex mit den Körperflüssigkeiten (z.B. Sperma) oder den Schleimhäuten eines HIV-positiven Partners in Kontakt kommen, können sich die HI-Viren nicht weiter vermehren. Die Grundvorraussetzung für die Wirkung der Therapie ist jedoch: Eine bestimmte Menge an Wirkstoffen muss in den Zellen vorhanden sein. Wird das Medikament also zu früh vor einem Sexualkontakt abgesetzt oder nicht rechtzeitig vorher eingenommen, so lässt die Schutzwirkung rapide nach. In Ausnahmefällen kann es außerdem passieren, dass die Viren gegen das eingenommene PrEP-Medikament resistent sind und es trotz korrekten Einnahme zu einer Infektion kommt. Weltweit sind jedoch bisher nur sehr wenige dieser Fälle bekannt.
Wird eine PrEP korrekt durchgeführt, so schützt sie genauso zuverlässig vor einer HIV-Infektion wie Sex mit einem Kondom. Sie schützt allerdings in keinem Fall vor Geschlechtskrankheiten wie Tripper, Syphilis und . Regelmäßige Tests sollten weiterhin erfolgen.
Eine PrEP kann nur vor HIV schützen, wenn die Medikamente korrekt eingenommen werden und ein genaues Schema der Einnahme eingehalten wird. Bei einer dauerhaften Anwendung sollte jeden Tag eine Tablette eingenommen werden. Grundsätzlich gilt jedoch: Männer sollten 2 Tage vor dem Sex mit der Einnahme beginnen, Frauen bereits 7 Tage vorher. Wer eine PrEP beenden möchte, der sollte auch nach dem Sex pro Tag eine Tablette einnehmen und das Medikament erst nach 2 Tagen absetzen.
Wer im Rahmen einer Sexparty oder eines Urlaubes spontan ungeschützten Sex haben möchte, der sollte 24 bis maximal 2 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr 2 Tabletten auf einmal einnehmen. Nach dem Sex sollte dann eine weitere Tablette eingenommen und die Behandlung anschließend noch zwei Tage länger fortgeführt werden. Wie bei einer dauerhaften Einnahme gilt auch hier: Eine PrEP Behandlung sollte in jedem Fall medizinisch begleitet werden.
Eine PrEP wird offiziell Menschen empfohlen, die einen erhöhtes HIV Risiko haben, darunter:
Die Medikamente Emtricitabin/Tenofovirdiproxil bzw. Truvada® sind in der Regel gut verträglich und lösen keine Nebenwirkungen aus. In seltenen Fällen kann es zu Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen kommen. In anderen sehr seltenen Fällen kann die Einnahme des Medikaments die Nierenfunktion schädigen, daher sollte vor und während einer PrEP die Nierenfunktion regelmäßig untersucht werden.
Die Studie iPrEx (Pre-exposure Prophylaxis Initiative) war die erste weltweite Studie zur Wirksamkeit der PrEP. Das Ergebnis war: PrEP schützt HIV-negative MSM bei zuverlässiger täglicher Einnahme von Tenofovir/Emtricitabin (Truvada®) zu 90% vor einer HIV-Infektion. Risikofaktor des Medikaments und in der Wirksamkeit ist die Kontinuität der Einnahme. Ist die Regelmäßigkeit durch das tägliche Schlucken der Pille nicht gegeben, so sank der Schutz vor HIV rapide. Bei weniger als 4 Tabletten pro Woche war der Schutz gar nicht mehr nachweisbar, da der Wirkstoff im Blutspiegel zu niedrig war. Positiv wurde festgestellt, dass Resistenzen von HIV gegen das vorbeugende Medikament nicht auftraten und die Verträglichkeit des HIV-Medikamentes nur durch vereinzelte Nebenwirkungen sehr gut war.
Zwei neuere europäische Studien (PROUD1 und IPERGAY2) haben der PrEP noch eine höhere Wirksamkeit nachgewiesen, aber ebenfalls die Einflussfaktoren betont. In den Untersuchungen sank das Risiko für eine HIV-Infektion im Durchschnitt um 86 Prozent. Die Therapietreue ist und bleibt der entscheidende Faktor: Wer die Tablette gemäß der Vorschriften kontinuierlich einmal täglich einnahm, konnte einen nahezu vollständigen Schutz von bis zu 99 Prozent erzielen. Die Studien besagen ebenfalls, dass PrEP als ein zusätzliches Verhütungsmittel genutzt werden soll. Die Empfehlungen beraten den Nutzer zu einer weiteren "Safer-Sex"-Maßnahme, wie dem Kondomgebrauch. Die positiven Befunde der Wirkung von PrEP lassen jedoch vermuten, dass MSM das Medikament benutzen um „ohne Gummi“ Sex zu haben. Ganz abgesehen von HIV, ist Bareback immer noch ein Risiko für alle anderen STI vor denen das Präparat nicht schützen kann.
Das Robert Koch Institut hat im Sommer 2018 erstmals eine anonyme Befragung durchgeführt, um mehr über die unterschiedlichen Bezugsquellen und Anwendungen von PrEP zu erfahren. Die Ergebnisse wurden schließlich im März 2019 der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Während 80 Prozent der aktuellen PrEP Nutzer angaben, das Medikament über klinische Studien und Ärzte zu erhalten, erklärten knapp 20 Prozent, PrEP aus anderen Quellen zu beziehen, wie dem Internet, über Reisen in andere Länder oder über Freunde. Rund 10 Prozent aller Befragten gaben an, bei der Einnahme von PrEP Nebenwirkungen gespürt und die Einnahme daraufhin abgebrochen zu haben.
In der amerikanischen Studie „Discover“ wurden im Frühjahr 2019 verschiedene Medikamente der Prä-Expositions-Prophylaxe miteinander verglichen. Das Ergebnis: Die Resultate waren sehr ähnlich. In jeder Gruppe (5000 Männer insgesamt) gab es nur eine einzige Ansteckung trotz korrekt eingenommener PrEP. Insgesamt wurde PrEP von allen Teilnehmenden gut vertragen.
Wird PrEP in Zusammenhang mit dem Medikament Emtricitabin eingesetzt, kann dies die Knochendichte leicht reduzieren - so das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie aus San Francisco. Besonders für Menschen mit einem erhöhten Knochenbruchrisiko könnte die Einnahme daher ein Risiko darstellen.
Wie das Institut für HIV-Forschung der Universität Essen im Jahr 2018 erklärte, etabliere sich PrEP unter schwulen Männern in Deutschland schneller als in anderen Ländern. Nichtsdestotrotz gibt es auch in Deutschland Handlungsbedarf: Während in den USA, Frankreich und Australien PrEP mittlerweile zu 100 Prozent von den staatlichen Krankenkassen getragen wird, müssen schwule Männer in Deutschland immer noch einen Eigenanteil bezahlen. Dieser liegt derzeit bei rund 40 Euro im Monat. Eine Studie aus Rotterdam ergab in diesem Kontext, dass die kostenlose Ausgabe von PrEP ca. 9.000 HIV-Infektionen bis ins Jahr 2030 verhindern könnte - und das Gesundheitssytem in Deutschland nicht unwesentlich entlasten könnte.
Grundsätzlich gilt: Alle Ärzte und Ärztinnen können das Medikament auf Privatrezept verschreiben, wenn sie vom Hersteller Schulungsmaterial erhalten haben. Die Kosten müssen vom Nutzer selbst getragen werden. Der schwule Gesundheitsminister Jens Spahn hat jedoch bereits angekündigt, dass Krankenkassen die Kosten für PrEP-Beratung, Begleitung und die Medikamente langfristig übernehmen sollen. Natürlich kann man sich die PrEP-Medikamente Truvada und Generika auch über den Schwarzmarkt des Internets besorgen, allerdings kann dies mit erheblichen Risiken verbunden sein.
Eine PrEP-Einnahme bringt ebenfalls eine ganze Hand voll Pflichten und Verantwortungen mit sich. Um mögliche Nebenwirkungen auszuschließen, ist in viertel- bis halbjährlichen Abständen die Nierenfunktion zu überprüfen. Außerdem sind regelmäßige Arztbesuche und HIV-Tests unabdingbar um die Wirksamkeit der PrEP zu gewährleisten. Eine Art Freifahrtschein zum Bareback Sex stellt PrEP daher nicht dar. Die Einnahme der Tabletten geht einher mit einer großen Portion Verantwortung.
Die von Gesundheitsminister Jens Spahn durchgesetzte Kostenübernahme der PrEP durch die Krankenkassen tritt ab 1.September 2019 in Kraft. Das bedeutet für dich ganz konkret: Jeder "fachlich befähigte" Hausarzt - meistens sind es Ärzte, die auf die Behandlung von HIV-Patienten spezialisiert sind - darf dir ein Rezept für die PrEP ausstellen. Die Krankenkasse muss anschließend alle Kosten für Medikamente und Untersuchungen übernehmen. Es reicht übrigens vollkommen aus, wenn du beim Arzt angibst, dass du gerne Sex ohne Kondom haben möchtest bzw. bereits hattest. Eine Liste mit allen Ärzten, welche die PrEP verschreiben dürfen findest du auf den Webseiten der Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter.
Wie sind deine Erfahrungen mit PrEP? Denkst du darüber nach, das Medkament einzusetzen oder nutzt du es bereits? Berichte uns von deinen Erfahrungen.
Du hast die Einnahme von PrEP vergessen? Du möchtest gerne Truvada Generika Medikamente kaufen, weißt aber nicht wo? Du hast mit Nebenwirkungen von PrEP zu kämpfen? Diese Beratungsstellen und Online Angebote helfen dir weiter.
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