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Die Homosexualität und die Griechen


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Geschrieben

Sancta Simplicitas! Minotaurus hat in diesem Forum allen Ernstes die Ansicht vertreten, die Griechen hätten den Schenkelverkehr um des Schenkelverkehrs betrieben und dies mit Hinweisen auf Dichtung und Vasenmalerei zu belegen versucht. Um es noch einmal ganz klar zu sagen: diese Ansicht ist absurd. Es handelte sich beim Schenkelverkehr um eine Ersatzbefriedigung. Selbstverständlich waren die Griechen analfixiert. Da der Analverkehr für den passiven Partner schandhaft war, mußte man zu einer Notlösung greifen. In der Dichtung und Vasenmalerei bemühte man sich, diese Notlösung zu glorifizieren. Man darf nicht vergessen, dass die Homosexualität bei den Griechen so etwas wie eine staatstragende Funktion hatte, da sie mit dem Militärwesen verbunden war. Nur unter Ausschaltung des gesunden Menschenverstandes kann man aus der Dichtung und der Vasenmalerei aber den Schluss ziehen, die Griechen hätten den Schenkelverkehr um des Schenkelverkehrs Willens betrieben und dass es in allen Fällen (insbesondere den wirklichen, also nicht in der offiziellen Dichtung und Vasenmalerei dargestellten Fällen) tatsächlich nur beim Schenkelverkehr geblieben sei. Der weitgereiste Hubert Fichte hat noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhundert feststellen müssen, dass in den Mittelmeerländern, der aktive Partner gar nicht als schwul angesehen wurde. Wer über ein bisschen Cruisingerfahrung mit unseren geschätzten türkischen Mitbürgern verfügt, kann sich auch heute noch in diese Denke halbwegs hineinversetzten. Wenn wir dieses ich nenn es mal mediterrane Machotum uns potenziert denken, landen wir viel effektiver im alten Griechenland als durch das Betrachten von Vasen oder dem Lesen schöner Dichtung. Wer aber trotzdem nur Lesen oder Betrachten kann, sollte doch auch zwischen den Zeilen lesen und beim Betrachten 1 und 1 zusammenrechnen: nein, diese ergeben keine 3!


Geschrieben

Erotische Kultur, Dichtung, Kunst, Gesellschaftsstruktur und sexuelle Verhaltensmuster in der griechischen Antike vergleichen oder sogar gleichsetzen zu wollen mit den sexuellen Gewohnheiten heutiger Türkenmachos aus der Cruisingsszenze, das ist von ähnlich intellektueller Güte wie der Versuch, die Auslesestrategien altarabischer Apfelverkäufer als Kontinuum wiederzufinden in den computergestützten Kreditkonstruktionen geldgieriger Investmentbanker oder die Technik altrömischer Steinschleudern bruchlos fortgesetzt sehen zu können in den lasergesteuerten Raketen unbemannter Drohnen. Es scheint, als sei die Wahrnehmung kulturellen Wandels und persönlicher Lebensgestaltung quer durch die Jahrtausende bei manchen heutigen Zeitgenossen schlicht nicht vorhanden. Sehr bedauerlich!


Geschrieben

Hier geht es ja wieder sehr ruppig zu. Worüber wird eigentlich gestritten? Nach allen antiken Quellen wurde sowohl der Analkoitus ( Man hatte schon im Altertum unter den manchmal bedenklichen gesundheitlichen Folgen dieser Praktik zu leiden!.) wie auch der Verkehr zwischen den Schenkeln praktiziert. In bestimmten Perioden erfuhren päderastische Beziehungen eine starke idealisierende Überhöhung. Man wird da Abstriche machen können.
Wenn @Toltec doch in sehr dezenter Weise Erfahrungen mit heutigen Menschen des Mittelmeeres vergleicht mit der Lebensweise in der Antike, so scheint mir sein Verfahren durchaus gangbar. Es bringt den Wind lebensvoller Erfahrung in die ansonsten unangemessen trockene Diskussion. Ich glaube nicht an das ewig gleiche Wesen der Männer des Mittelmeeres. Aber gestern wie heute lebt man dort unter patriarchalischen Verhältnissen, Mann und Weib sind daher nicht von gleichem Wert. Hoch eingeschätzt wird der penetrierende Mann, wende er nun seine Aktivität einer Frau, einem Mann oder einem Jungen zu. Daher hat @Toltec recht : Es macht einen riesigen Unterschied, ob man aktiv oder passiv ist. "Attai, Attai" höre ich noch die Araber rufen.Daher gilt es dort als keineswegs ehrenrührig, einen ganzen Beutel mit Haarsträhnen derjenigen zu haben, die man aktiv geliebt hat.-
Das ist "Leben", verweisen wir Lebensweisen solcher Art nicht ins Prekariat. Man wird es in allen Gesellschaftsschichten beobachten können. Machen wir es wie der doch sehr konservative Ernst Jünger. Dem begegneten bei seinen Reisen im Mittelmeerraum immer wieder päderastische und schwule Angebote, obwohl er doch ein sehr alter Mensch war. Köstlich, mit welch gespielter Naivität er uns in seinen Tagebüchern davon berichtet. Einmal sah er im Wüstensand einen braunen und einen weißen Körper in inniger Umschlingung."Weitermachen, weitermachen!!" will er da gerufen haben.Und wenn Jünger sich schon nicht aufregt...
Schön, dass@Toltec auch auf die Reisebücher Hubert Fichtes hinweist. Der hat uns manches zu sagen.


Geschrieben

Wer die Antike nur in Büchern und nicht im Hier und Jetzt sieht, hat nichts verstanden liebes Labyrinth. Hubert Fichte, "Herodot und ich", weist übrigens auf einen merkwürdigen Umstand hin. Während bei allen Mittelmeervölkern, die Übernahme des passiven Parts als verpönt galt, war dies bei den Germanen bis hin zu den Nazis genau umgekehrt: Der Schwule wurde als "Arschficker" in die KZs geschickt. Das hat auch seine eigene Logik, denn der Aktive ist ja der eigentliche Täter, der Passive erduldet nur, will wohlmöglich gar nicht richtig. Passend hierzu ist in allen romanischen Sprachen die Sonne männlich, der Mond weiblich, im Deutschen jedoch genau umgekehrt. Fichte sieht hier einen Zusammenhang: Die Deutschen haben´s einfach nicht auf die Reihe bekommen. Sie leben in einer verkehrten Welt.
Hier noch was schön Befremdliches aus einem Link über griechische Homosexualität: Sacramental ingestion of semen was also practiced in ancient Thrace and Greece, where they believed that in homosexual love, "the virtues of the lover were transferred to the beloved. It was believed that this happened physically through the transmission of the semen which contained [a part of] the essence of the soul..."(Wellesley 1973). This idea contributed immensely to the ideal of man-boy love in ancient Greece, (although such devotion later fell into disfavor, and eventually led to the execution of Socrates). Quelle: http://sacredsemen.com/#5
Hierzu passt, dass Achilleus im 24. Gesang der Ilias über den Verlust von Patroklos menos bittere Tränen vergießt. Die Standardübersetzung von menos ist Mut oder Kampfesgeist. Davidson, 2007 weist aber nach, dass die ursprünglichere Bedeutung des Wortes einfach "Samen" war. Ein schönes Beispiel dafür, dass man zwischen den Zeilen lesen muss und bei vergeistigten Versionen der Antike ("schöne Freundschaftliebe" à la Minotaurus") vorsichtig sein muss.

Geschrieben

Nicht abheben, @Toltec. Zunächst ist zu sagen, dass "Sonne" in den germanischen Sprachen weiblich ist. Aber selbst im Mittelhochdeutschen existieren Nebenformen mit einer "Sonne" männlichen Geschlechts. Also nicht immer gegen die Deutschen !
Dein Hinweis auf den 24.Gesang der Ilias ist dagegen sehr wertvoll,.zeigt er uns doch den Charakter der Freundschaft des Achilleus und des Patroklos. Im 5. und 6. Vers erzählt Homer, Achill habe sich schlaflos auf seinem Lager gewälzt:Patroklou potheon androteta te kai menos eu .Meine Übersetzung sagt" Immer sich sehnend nach Patroklos Kraft und adliger Mannheit." Der alte Voss übersetzt hier etwas verschleiernd "sehnsuchtsvoll nach Patroklos´erhabener Tugend und Stärke." In dem Altjungfrauenwort "Tugend" , bei dem heute keiner mehr das "taugen" heraushört, ist das griechische "aner" (Mann) ganz verschwunden.
Fazit : Man kann diese Verse natürlich unterschiedlich deuten. Sie zeigen aber wohl, dass die Griechen nicht nur die Knabenliebe, sondern auch die Liebe zwischen Männern kannten und dass diese Liebe einen entschieden kürperlichen Aspekt hatte.

Geschrieben

@Nuwas, du weißt natürlich, dass die "Ilias" einer vorklassischen Periode entstammt, die noch keine (institutionalisierte) Knabenliebe kannte. Päderasten wären für die "schöne Helena" kaum in den Krieg gezogen. Sonst ist in der Ilias aber alles Frauenliebe - von Homosexualität keine Spur. Und dieses eine, überdies fragwürdige Beispiel sollte die Männerliebe bei den Griechen belegen, da es sonst nichts, rein gar nichts gibt, sie zu dokumentieren? Die Beziehung zwischen Achilles und Patroklos als homosexuell zu interpretieren, ist genau so berechtigt und unberechtigt wie die zwischen David und Jonathan. Beides sind Beispiele für schwule Umdeutung. Die Übersetzungen geben da schlichtweg nichts her, selbst wenn man die Beschreibung dieser Freundschaftsbünde für überschwenglich, ihre Sprache für erotisch halten mag (und, wie Lukian, entsprechende Schlüsse zieht). Platons Phaidros gibt (natürlich) eine päderastische Deutung, nach der Achilles der Jüngere und Schönere und noch unbärtig gewesen sei, Patroklos der Liebhaber. Also bitte!


Geschrieben

Lieber @Empedokles, die "ilias" ist die "Bibel" des Griechentums. Noch in hellenistischer Zeit kannten viele die 24 Gesänge auswendig. Alexander und Hephaistion nahmen sich den Freundschaftsbund Achills und Patroklos´zum Vorbild. Oder ist das schwule Umdeutung von Leuten wie Peyrefitte? Sicher wünscht sich Achill Frauen als Kriegsbeute, und er ist gekränkt, wenn ihm die Beute weggenommen wird. Aber deswegen war er doch nicht überschwänglich verliebt, auch wenn er sicher wusste, wie man mit Frauen umzugehen hat. Existentielle Tiefe hat nur seine Freundschaft zu Patroklos, die dazu führt, dass er nach dessen Tod in rasender Wut wieder in den Kampf eingreift.Und diese Freundschaft ist dann bloße Kampfgenossenschaft? Von "Homosexualität" keine Spur?


Geschrieben

Da hatte Sokrates ja etwas angerichtet mit der Behauptung, die Geschichte von Achill und Patroklos in Homers Ilias enthalte keinerlei erotisches Element. Noch im 21. Jahrhundert fällt @Empedokles darauf herein :-D :-p
Tatsächlich aber wurde eben nicht die Päderastie erst mit der dorischen Invasion im 11.vorchristlichen Jahrhundert nach Griechenland gebracht, wie sich schon bei einem kurzen Blick auf die Mythologie erweist, in der neben Zeus und Ganymed eben auch Apoll und Hyazinth.der erotischen Männerliebe huldigen und sogar Orpheus.
Was nun Sokrates bewogen hat, die Homer-Geschichte zu enterotisieren, gleichzeitig aber mit Hilfe eines reichen Freundes den Phaidon aus einem Knabenbordell freizukaufen, das muss sich leider unserer Kenntnis entziehen.


Geschrieben

@Nuwas, du solltest doch über ein wenig schwuler Literaturfälschung nicht deinen Scharfblick verlieren. Ilias - Achilles und Patroklos - Alexander und Hephaistion = vorklassisches und nachklassisches Griechentum. Beweist etwa die Tatsache, dass letztere Herrschaften sich an Achilles und Patroklos maßen, irgendetwas über die wirkliche Konstellation, "so wie sie bei Homer gemeint ist"? Natürlich nicht. Alles nur Mutmaßung und Gestochere im Nebel. Die Schwulen hätten gern so edle Leitbilder, das ist es, da sie sie sonst nirgendwo finden können. Stattdessen Weibmänner und eitles, albernes Getue auf der ganzen Linie. Und "Brokeback Mountain" ist auch nur eine schöne Geschichte.

@Minotaurus, es wird ja immer lustiger mit dir. Möchtest du mir noch das genaue Datum des Ganymedraubes und den Todestag des Hyakinthos angeben? Orpheus bist du ja wahrscheinlich noch selbst begegnet, als ich in der Uckermark im Sandkasten spielte. Bedauerlicherweise eignen sich weder Zeus noch Apoll als Objekte schwuler Verdrehungen. Aber wenn man sonst nichts findet, muss man es eben versuchen.

Geschrieben

@Empedokles, nimm doch einfach eine brauchbare Arbeit über griechische Mythologie in die Hand (meinetwegen auch Ranke-Graves oder Kerenyi) und informiere Dich endlich, anstatt hier den naturgemäß zumeist nur oberflächlich informierten Lesern was von "schwuler Umfälschung" zu erzählen.
Entgegen Deiner abfälligen Bemerkung gegenüber @Nuwas, alles sei nur ein "Gestochere im Nebel" , würde es empfehlenswert sein, Du befragtest erst einmal Altphilologen, Kunsthistoriker und Literaturkenner. Eindeutige Beweise homoerotischer Beziehungen findest Du z.B. auf der Insel Santorin (ehemals Thera) bei Inschriften aus dem 9. und 8. vorchristlichen Jahrhundert, die ausschließlich an "Knaben" gerichtet sind. Aus dem 7. Jahrhundert stammt diese Inschrift: "Den delphischen Apoll anrufend, habe ich, Krimon, mich hier mit einem Knaben vereinigt, dem Sohn des Bathydes " Die acht ausschließlich an Jünglinge gerichteten eindeutigen Liebesgedichte des Theokritos (310 - 245 v. Chr.) werden zur besseren Kenntnis homoerotischer Lyrik empfohlen.

Angesichts der Fülle nachweisbarer Zeugnisse in Literatur und Kunst über mehrere Jahrhunderte hinweg, würde ich Dir sehr verbunden sein wollen, wenn Du endlich aufhörtest so zu tun, als sei Homoerotik und Homosexualität in der griechischen Antike die Erfindung heutiger, auf "edle Leitbilder" versessener Schwuler, die Du noch in Deinem päderastisch infizierten Hochmut als "Weibmänner" glaubst denunzieren zu müssen. Deine merkwürdige Vorstellung von der homoerotischen Keimfreiheit der Antike trifft genau auf Deinen Satz zu: "eitles, albernes Getue auf der ganzen Linie"

Geschrieben

Wie gesagt, lieber @Minotaurus, es wird immer besser mit dir. Wozu um Himmels willen soll ich denn nun den Ranke-Graves aus meinen Bücherstapeln hervorwühlen? Um festzustellen, dass die Griechen Mythen kannten, in denen schöne Knaben begehrt oder geraubt wurden oder sich in ihr Spiegelbild verliebten? Tatsächlich also, die Griechen liebten Jünglinge und zogen sie zeitweise den Frauen vor. Welch überraschende Einsicht, auf die ich gar nicht vorbereitet war! Und auf Thera finden sich sogar Kritzeleien, die aus dem 9. und 8. Jahrhundert vor Chr. stammen und dies belegen! Und hier und dort und da und hier… Auf Stichwort bist du immer bereit, dein Füllhorn zu öffnen. Angesichts deiner immer wiederkehrenden Aufzählungen und Versatzstücke bin ich wirklich froh, nicht meine besten Jahre auf Universitäten vergeudet zu haben. Stattdessen lernte ich viele nützliche Dinge, von denen du nicht einmal einen Schimmer hast. Gleichzeitig wurde ich davor bewahrt, Wissen auf museale Weise zu verwalten, anstatt es mir so anzuverwandeln, wie ich es brauchen kann.

Kommando zurück! Erstens schrieb ich, dass die Griechen zur Zeit der Entstehung der Ilias (die man heute auf das 9. oder 8. vorchristliche Jahrhundert datiert) noch keine institutionelle Päderastie kannten; zweitens, dass es in der klassischen Periode keine Belege für Homosexualität zwischen Männern gebe. Und beides stimmt selbstverständlich. Die institutionelle Päderastie der attischen Polis (die freier und freiwilliger, individueller, erotischer war als die sehr streng kodifizierte, mit dem Militärwesen verbundene der Dorer) ist für das fünfte und vierte vorchristliche Jahrhundert reich belegt, also ungefähr für die Zeit Platos. In ihr findet man die Elemente, die sich ein heutiger boy lover zum Vorbild nehmen könnte, noch am ehesten. Sie war eine ethisch-ästhetisch motivierte, auf die Ausformung einer allgemein-menschlichen Vorzüglichkeit (arete) ausgerichtete Pädagogik. Dass es neben ihr, die dem Adel vorbehalten blieb, eine grobsinnliche Päderastie als Parallelwelt gab, sei unbestritten. Mannmännliche Beziehungen nach der Art, die moderne Wohlstandsschwule pflegen, sind nicht überliefert – weder in Schriftform noch auf Vasenmalereien. In der Komödie wird jene grobsinnliche Variante des öfteren aufs Korn genommen, und insbesondere der passive Partner wird aufs übelste verulkt; aber auch dabei geht es um Knaben, die sich bestechen oder kaufen lassen oder die verbotenerweise während des Liebesaktes Lust empfinden - nicht um Männer. Sollte es in der Ilias um diese gegangen sein? Was wissen wir von Kulturen wie der mykenischen oder trojanischen und ihren Lebensformen eigentlich? Und an dieser Stelle ist selbst Meister @Minotaurus, der doch sonst pausenlos quatscht, zum Schweigen verurteilt.

Der Schwule ist gern in guter Gesellschaft. Er ist kulturbeflissen. Beides tut ihm wohl, da es ihn die Niederungen vergessen lässt, in denen er sich sexuell bewegt: die Autobahnrastplätze, Parks und öffentlichen Toiletten, die Communities, in denen es nur um das Eine geht (wer nämlich wem was in den Anus schiebt), und die Clubs, aus denen man zwei- oder dreimal die Woche einen anderen „Partner“ mitnimmt, solange man halbwegs ansehnlich ist. Glücklich fühlt er sich daselbst nicht, aber was will man machen, denn man hat ja einen "Trieb", der einen laut @Nuwas jedes vernünftige Abwägen aus den Augen verlieren lässt. Wie schön wäre es, wenn er in der (mythologischen) Geschichte mehr große Vorbilder fände, die ihm, dem vir egregius, das Recht auf ewige Wiederkehr sichern. Aber leider! Man sucht und sucht und findet nichts. Deswegen wird umgedeutet, umgefälscht und gestohlen, was das Zeug hält. Da ist schon der alte Gilgamesch ein Schwuler, weil er Enkidu die Treue hält, David und Jonathan sind ein schwules Freundespaar, Achill und Patroklos natürlich auch, und die Griechen waren überhaupt ein Volk von Homosexuellen. So kann sich selbst der tuntige blondierte „Entertainer“, der sein Recht auf Kinderadoption einfordert, recht erlesen fühlen. Außerdem macht's doch der gute Charakter, nicht wahr? Danke schön, meine Herren-Damen! Eure Kulturinterpretation brauche ich nicht.

Geschrieben

Empedokles, bei allem Respekt vor deinen sonstigen Positionen, aber ich fürchte, hier verrennst du dich. Die Zeugnisse für Homosexualität bei den Griechen auch in homerischen und pindarischen Zeiten sind erdrückend und eindeutig. Quellenreich und auf dem neusten Stand ist das Buch von Davidson, Greek Homosexuality, 2007. Die Griechen waren schon in frühesten Zeiten von der Antinomie aktiv/passiv und der analen Sphäre wie besessen. Die frühesten schriftlichen Fundstücke, die es gibt, sind Sgrafitti vom Kerameikos Friedhof und eines davon lautet: "Der Leser wird in den Arsch gefickt". Klar, denn der Leser ist ja passiv. Siehe hierzu Jesper Svenbro, Phrasikleia: Anthropologie des Lesens im alten Griechenland , Wilhelm Fink Verlag, 2005.


Geschrieben

@TOLTEC, ich schreibe immer von institutioneller Päderastie und von mannmännlichen Beziehungen (also zwischen erwachsenen Männern). Die institutionelle Päderastie der Dorer, die älter ist als die der attischen Polis, gleicht, wie u. a. Bleibtreu-Ehrenberg gezeigt hat, ganz auffällig der Jünglingsinitiation der Naturvölker. Hier von "Homosexualität" zu sprechen, als ginge es um eine habituelle Variante, ist unstatthaft und verwirrend.


Geschrieben

Was uns wieder zu dem Streit um das Wort "Homosexualität" führt. Fasst man unter diesen Begriff nur Homosexualität im modernen Sinne, dass heißt Menschen mit einer homosexuellen Identität, ist der ganze Begriff für die Antike aber unangebracht. Selbst Sokrates war verheiratet. Insofern hast du dann doch Recht. Als Identifikationsmöglichkeit für den modernen Schwulen eignen sich die Griechen nicht wirklich. Auch hing ihre Art von "Homosexualität" auf das subtilste mit ihrer Misogynie zusammenhing. Ein Punkt, der dem modernen Schwulen allerdings Kopfzerbrechen bereiten wird.


Geschrieben

@TOLTEC, genauso ist es. Selbst Dover, der sich ja zunächst auf den Terminus "Homosexualität" festlegte, gab später seinen Irrtum zu. "Homosexualität" ist ja eher ein klinischer Befund mit der Implikation einer konstitutionellen oder habituellen Abweichung, durch und durch wissenschaftlich-modern. Die Lust am Jüngling aus purer Neigung hat es natürlich auch in der Antike gegeben; das nannte ich oben eine "Parallelwelt". Es ist klar, dass sich eine institutionalisierte Erotik verselbständigen und von ihrem sakralen Hintergrund ablösen kann. Allmählich sehe ich aber auch ein, dass @Jaund mit seinem Hinweis recht hat, das Wort "Päderastie" sei verbrannt; künftig werde ich also, im Anschluss an Brongersma, "boy love" und "boy lover" verwenden. Denn institutionelle Knabenliebhaber sind wir sicherlich nicht, sondern Knabenliebhaber aus Neigung und aus Passion. Gleichwohl geht manches in die Ausgestaltung dieser Neigung ein, das aus initiatischen Verhältnissen bekannt ist. Bleibtreu-Ehrenberg gebührt das Verdienst, auf die ständige Verwechslung all dieser terminologischen und sachlichen Zusammenhänge selbst in der wissenschaftlichen Literatur hingewiesen zu haben.


Geschrieben

Füllhorn hin oder her - besser ist's, eins zu haben, als nur darüber zu zetern, dass andere es besitzen.
Nun behauptet @Empedokles, "die institutionelle Päderastie der attischen Polis" sei nur dem Adel vorbehalten geblieben. Die Bürger von Athen indes (also das, was als demos=Volk bezeichnet worden ist) waren in Stände gegliedert, und lediglich einer davon war der Adel. Doch dem war keineswegs allein die institutionelle Päderastie vorbehalten. Denn ebenso wie das Theater, das nur ein Privileg für die Stände, nicht aber für den ochlos=Pöbel war (vgl. hierzu: Wolfgang Schadewaldt, "Antike und Gegenwart - Über die Tragödie" ), ist auch die institutionelle Päderastie ein Vorrecht der attischen Bürger gewesen.


Geschrieben

Wie war das mit der Liebe bei den Griechen?
Dienten die sog. Lustknaben ihren Liebhabern auf Zeit?
Kaufte man sich einen Sklaven auf dem Markt für die Hausarbeit und zur Lustbefriedigung?
Gab es auch wirkliche Männerfreundschaften?


Geschrieben

Lieber Sunrise, die Antworten auf deine vier Fragen ergeben sich doch bereits aus den zahlreichen Beiträgen hier in diesem Thread, sowie aus den entsprechenden Beiträgen in diesem Thread. Deine Fragen 2, 3 und 4 lassen sich auch mit kurzen Worten beantworten. Zu Frage 2: Es waren keine Lustknaben (sofern Du nicht explizit Stricher meinst, die es neben den Eromenos wohl auch schon im antiken Griechenland gab, die tatsächlich, genau wie heute, rein sexuelle Dienstleistungen gegen Geld anboten und die zwingend der untersten Gesellschaftsschicht angehörten), die Eromenos "dienten" auch nicht ihren Liebhabern! Im Grunde war es sogar eher andersherum. Was das "auf Zeit" betrifft: Selbstverständlich, sobald ein Junge zum geistig reifen und körperlich vergröberten, nicht mehr begehrenswerten Mann herangereift war, hatte er nunmehr seine eigenen Aufgaben als Mann. Dazu gehörte die Familiengründung und das Zeugen von Nachwuchs, mitunter ebenso aber auch seinerseits in gleicher Weise wie er selbst es geniessen durfte, sich ebenfalls eines Eromenos anzunehmen. In der Grenzphase zwischen Junge und Mann war es dabei nicht selten, dass man einerseits selbst noch Eromenos war und von einem Liebhaber begehrt und verwöhnt wurde (nicht nur sexuell!), andererseits aber auch selbst bereits Liebhaber war und sich eines eigenen, jüngeren, Eromenos angenommen hatte. Zu Frage 3: Du hast das offensichtlich vollkommen falsch verstanden! Man konnte sich keine Eromenos kaufen gehen, es waren doch keine Prostituierten! Ganz im Gegenteil: Man hatte um einen Eromenos zu werben um von ihm als Liebhaber überhaupt akzeptiert und angenommen zu werden! Zu Frage 4: Sicher, warum nicht? Allerdings ist dabei zu beachten, dass Freundschaften zwischen zwei körperlich vergröberten Männern nur dann hoch geachtet waren, wenn sie keine körperliche Note hatten. Liebesbeziehungen zwischen ihnen nach heutigem "schwulem" Verständis wurden zwar mitunter toleriert (im Grunde wie heute auch), galten jedoch alles andere als erstrebenswert und wurden allgemein entweder belächelt oder aber eher geringgeschätzt (ebenfalls wie heute auch).

Geschrieben

@Jaund Deine Antwort (wie leider auch die von @Empedokles im anderen Thread) zeigen leider wenig Versöhnlichkeit. Selbstverständlich gab es in der Antike viele Fälle mannmännlicher Freundschaften, die eindeutig eine sexuelle Komponente hatten. @Toltec hat einiges genannt. Die Kaiser Trajan und Hadrian sind z.B. gute Beispiele dafür. - Der Plural von Eromenos ist "Eromenoi".
Um dir zu zeigen, was in mir vorgeht, wenn ich sehe, wie du gleichmütig das öffentliche Urteil über die Schwulen zitierst, ein Beispiel : Ein befreundeter Richter erzählte mir von einer Verhandlung gegen einen Mann, dem päderastische Handlungen vorgeworfen wurden. "Als der Kerl dann noch anfing und sich auf die Griechen berief, kam mir das Kotzen!" Dieser Richter gibt wohl noch authentischer die Meinung der Öffentlichkeit wieder.Ich habe es aber nicht dabei belassen.

Geschrieben


@Jaund Deine Antwort (wie leider auch die von @Empedokles im anderen Thread) zeigen leider wenig Versöhnlichkeit.



Hast Du dich im Thread geirrt? Wo bitte siehst Du in meinen kurzen Erläuterungen für Sunrise Unversöhnlichkeit?!?




Selbstverständlich gab es in der Antike viele Fälle mannmännlicher Freundschaften, die eindeutig eine sexuelle Komponente hatten. @Toltec hat einiges genannt. Die Kaiser Trajan und Hadrian sind z.B. gute Beispiele dafür. - Der Plural von Eromenos ist "Eromenoi".



Oh vielen Dank für den Hinweis, allerdings bin ich erstaunt das Niveau des Tippfehlersuchens bei dir anzutreffen. Ansonsten möchte ich, jetzt in der Tat nicht sehr versöhnlich, darauf hinweisen, dass das Thema dieses Threads "Die Homosexualität und die Griechen" lautet. Wenn Du nun über römische Kultur diskutieren willst, so darfst auch Du sicher einen zusätzlichen Thread starten. Im Übrigen verweise darauf, dass die allgemeine öffentliche Meinung im antiken Griechenland gemeint war. Dass es mitunter auch anderes gab steht außer Frage - es gibt immer und überall auch anderes. Im Übrigen: Wo urteile ich eigentlich? Möchtest Du das gerne? Brauchst Du ein Urteil über dich? Würde dir das weiterhelfen? Ich kann es dir trotzdem nicht geben. Und einen Kommentar zu deiner mit Fettschrift eingeleiteten Geschichte werde ich auch nicht abgeben. "Päderastische Handlungen" kennt das StGB nicht.


Geschrieben

Ich berufe mich nicht auf die Griechen, lieber @Nuwas. Die einzigen, die sich mit mir über eine etwaige moralische Dimension meines Tuns unterhalten dürfen, sind die Eltern meiner Jungen. Sie begegneten mir nicht immer mit Verständnis, aber stets mit Respekt. Stammtischapostel jedweder Provenienz, die juristische Zunft eingeschlossen, bekommen von mir sofort die Faust ins Gesicht; bisher war das aber nie nötig, weil die Leute im allgemeinen wissen, mit wem sie es zu tun haben: dasselbe, was die Jungen auf geheimnisvolle Weise anzieht, nehmen die Männer als bedrohlich wahr. Und so soll es sein.

Ist im übrigen nicht der von dir genannte Kaiser Hadrian u. a. dadurch berühmt geworden, dass er den Antinoos liebte und nach dessen tragischem Tod zum Gott erhob? Antinoos war noch keine zwanzig Jahre alt, als er starb. Männerfreundschaft? Dieses Wort darf keinen anzüglichen Unterton enthalten.


Geschrieben

Wenn schon Erbsen gezählt werden, dann bitte auch diese, dass sowohl Trajan als auch Hadrian große Griechenverehrer waren, griechisch sprachen und, wie die Historiker von einst und jetzt zu berichten wissen, gute Kenner der griechischen Autoren waren. Die Vorliebe für griechische Kultur wurde übrigens Hadrian von den Römern zum Vorwurf gemacht.(Steht nicht in den Fragen bei Kreuzworträtseln, soweit ich orientiert bin :-p)


Geschrieben

Die damaligen Historiker Cassius Dio und Aurelius Victor lösten auch keine Kreuzworträtsel.
Denen haben wir geschichtlich das meiste zu verdanken, was Hadrian und Antinous betrifft,
ebenso das Wissen über die Verbundenheit des Kaisers zu den Griechen.


Geschrieben

@Jaund In der Tat hast du recht. Der Titel des Thread sprach nur von den Griechen. Für mich bilden aber die griechische und die römische Kultur eine Einheit.- Zu den "Eromenoi" - Da war nichts Besserwisserisches dabei. Es war nur ein bescheidener Hinweis. Ich nehme Kritik an meinem Französisch weit gelassener hin.Bin eben "Altsprachler".- Du fragst, ob ich ein Urteil über mich brauche. Das kann nicht jeder fällen, und ich bin in jedem Fall mein strengster Richter.- Vielleicht hat mein Richterfreund nicht von "päderastischen Handlungen "gesprochen. Dann geht das auf meine Rechnung. Aber ich habe ihm damals widersprochen ,was zu einer starken Verstimmung führte.Immerhin das konnte ich tun, wenn auch nicht terminologisch richtig. Mach es mir nach.
Ich glaube, dass ich hier wieder an ein Ende gekommen bin. Streitereien ohne Ziel. Die besten Verbindungen gehen kaputt.Schade, ich hatte hier anderes erwartet.


Geschrieben

Ach Nuwas, warum sogleich empfindlich? Warst Du es nicht selbst der Jaund verbessert hat? Ob griechische oder römische Kultur. beide haben sich ja auch paralllel entwickelt und gegenseitig befruchtet. So erübrigt sich jedwede Haarspalterei. Es geht doch darum welche Rolle Homosexuallität in der Antike gespielt hat. Welch schöne Beschreibung über "Alkibiades als Schüler".Solche Erfahrungen beglücken uns auch heute noch.


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