Inaktives Mitglied Geschrieben November 22, 2013 Autor Geschrieben November 22, 2013 Denunzierende Blockwarte? Wer wird hier denunziert? Etwa "Bismarck, Nietzsche, der Wilhelminismus, Treitschke und sogar Fichte"? Jemanden zu denunzieren, bedeutet ihn anzuschwärzen. Ich sehe hier nur einen Denunzianten, nämlich den, der zum Moderator läuft und ihn um "Maßnahmen" ersucht. Verwechslung von Ursache und Wirkung? Ich bitte jeden Interessierten, das Antwortposting des Users @Minotaurus auf meinen ersten (!) Beitrag hier nachzulesen - ohne dass er mich kannte und ohne das er befürchten musste, ich würde vielleicht zurückschießen. Dann wird die Frage nach Ursache und Wirkung nicht mehr gestellt werden müssen. Wenn Neulinge in dieser Weise angegangen werden, ist es kein Wunder, dass in diesem Forum nur eine Handvoll Teilnehmer mitschreibt. Link
Li**** Geschrieben November 22, 2013 Geschrieben November 22, 2013 Wenn sich die Gemüter dann wieder beruhigt haben, bitte ich darum, zum Thema zurück zu kehren. Alles Weitere könnt ihr auch per PN klären - das Forum muss dafür nicht zum Schauplatz werden.
Mi**** Geschrieben November 22, 2013 Geschrieben November 22, 2013 Neuling? Was für ein Neuling, bitte? Ein User wie @Psychodoc, der schon als @Nackig hier das Forum aufgemischt hat, ein Neuling? Lächerlicher geht's wohl nicht. Damit hat die üble Farce zumindest einen urkomischen Abschluss gefunden. Was ist deutsch? Vielleicht doch das, was Hölderlin in seinem "Hyperion" schreibt: "Ich kann kein Volk mir denken, das zerrißner wäre, wie die Deutschen. Handwerker siehst du, aber keine Menschen, Denker, aber keine Menschen, Priester, aber keine Menschen, Herrn und Knechte, Jungen und gesetzte Leute, aber keine Menschen - ist das nicht, wie ein Schlachtfeld, wo Hände und Arme und alle Glieder zerstückelt untereinander liegen, indessen das vergoßne Lebensblut im Sande zerrinnt?"
Moderator Ha**** Geschrieben November 22, 2013 Moderator Geschrieben November 22, 2013 Also ich finde hier nur eines "typisch deutsch", nämlich die Art und Weise wie hier verbal aufeinander eingeschlagen wird, und die Frage warum hier nur eine handvoll User bereit ist sich dieser Schlammschlacht auszusetzen beantwortet sich damit von selbst.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 22, 2013 Autor Geschrieben November 22, 2013 Zurück zum Thema! @Nuwas, was können wir aus deinen Zitaten lernen? Doch jedenfalls, dass im 19. Jahrhundert chauvinistisches Säbelrasseln allemal am Tage war - sogar bei denen, die sich als Revolutionäre wider die bürgerliche Ordnung verstanden. Müßig die Frage, was sie wohl zu Lukács gesagt hätten - denn was zwischen ihrer Zeit und Lukács' Analysen lag, veränderte die Perspektive auf die deutsche Geistesgeschichte gar gewaltig. Oder soll ich die Frage stellen, was sie wohl zu Chamberlain, Langbehn und Moeller van den Bruck gesagt hätten? Nur Blödsinn? Hier auch einmal ein paar Bücher, allerdings mit einem etwas höheren Anspruch als die der Hamanns und Goodrick-Clarks: Friedrich Heer, Der Glaube des Adolf Hitler; Fritz Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr; Kurt Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik; Karl Dietrich Bracher, Die deutsche Diktatur; und, zuerst und zuletzt, Hugo Ball, Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Wer viel Zeit hat, der lese sich durch 1000 Seiten Michael Burlegh, Die Zeit des Nationalsozialismus, das den Stand der Forschung ziemlich widerspiegelt und die Entwicklung des NS als einer politischen Religion aufs feinste herausarbeitet. Ich kann diese rechte Scheiße von deutschem Wesen, deutschem Blut und deutschen Vorzügen nicht hören, da sträuben sich mir die Nackenhaare. Die Sprengkraft des Wortes ist gewaltig, und wo heute die Gewalt nur in der Sprache ausgelebt wird, ist sie morgen die Realität des Pöbels. "Darum denke ich, dass die Art der Unterdrückung, die die demokratischen Völker bedroht, in nichts der früheren in der Welt gleichen wird; unsere Zeitgenossen könnten deren Bild in ihrer Erinnerung nicht finden. Ich suche selbst vergeblich nach einem Ausdruck, der genau die Vorstellung, die ich mir davon mache, wiedergäbe und sie enthielte; die früheren Worter Despotismus und Tyrannei passen dafür nicht. Die Sache ist neu, ich muss also versuchen, sie zu umschreiben, da ich sie nicht benennen kann." (Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika)
Jaund Geschrieben November 23, 2013 Geschrieben November 23, 2013 Nun, wenn man sich die jeweiligen Meinungen über das Deutschsein so durchliest, dann bleibt (auch hier im Forum gewissermaßen "parteiübergreifend" ) wenig positives übrig. Selbst User Minotaurus sieht im Deutschen den denunzierenden Blockwart und vermisst den Menschen. Und für User Knuddelhajo ist typisch deutsch, wie hier verbal aufeinander eingeschlagen wird. Natürlich haben beide damit Recht! Meine eigene Meinung dazu, was typisch deutsch ist, habe ich ja schon erschöpfend dargelegt. Darüber hinaus möchte ich noch Folgendes anmerken: Als treuer und verlässlicher Juniorpartner ist mir der Deutsche ebenso sympathisch, wie als fleißiger und fügsamer Arbeitnehmer. In beiden Fällen funktioniert das jedoch nur so lange, wie man ihn führen und betreuen kann. Augenscheinlich ist es eine besondere Gabe der Deutschen, sich dem Stärkeren willig unterordnen zu können. Doch wehe man entlässt sie aus dieser Führung! Denn dann scheinen sie ihr Wesen vollkommen zu verändern. Sie werden selbstherrlich, machtgeil und zügellos - verlieren mitunter jedes Schamgefühl. Vor allem aber geht ihnen dann der Sinn für Gerechtigkeit und auch für Mernschlichkeit (da ist Minotaurus zuzustimmen) verloren - bis sie von den Völkern dieser Welt erneut zur Räson gebracht werden müssen. Dafür muss man gar nicht erst zu den Vätern und Großvätern zurückschauen, das kann man alles auch in 2013 live erleben. Jeden Tag.
Mi**** Geschrieben November 23, 2013 Geschrieben November 23, 2013 Zitat @Psychodoc: "Ich kann diese rechte Scheiße von deutschem Wesen, deutschem Blut und deutschen Vorzügen nicht hören, da sträuben sich mir die Nackenhaare. Die Sprengkraft des Wortes ist gewaltig, und wo heute die Gewalt nur in der Sprache ausgelebt wird, ist sie morgen die Realität des Pöbels" Wenn der Threadersteller (TE) , von dem das angeführte Zitat stammt, seine Fragestellung "Was ist deutsch?" nur dazu benutzen will, eine wenig differenzierte politische Stellungnahme(?) à la "rechte Scheiße" abzugeben, so ist der agitatorische Charakter dieses Threads a priori evident. Glaubwürdiger würde der TE gewesen sein, wenn er ohne präjudizierende Vorgabe das Thema in den Raum gestellt hätte. Hat er aber leider nicht, und somit die Chance verpasst, eine sachliche Diskussion darüber zu führen, ob es 1. tatsächlich solche Nationalcharaktere gibt wie DIE Deutschen, DIE Franzosen, DIE Russen; wahlweise auch DIE Hessen, DIE Bayern, DIE Sachsen 2. bestimmte, durchaus feststellbare Unterschiede der Lebensart gibt, die als mentalitätstypisch für Länder, Völker, Staaten und Nationen gelten könnten 3. in Lyrik und Belletristik eines Sprachraums signifikante Merkmale gibt, die eine eindeutige Zuordnung typischer Denk- und Empfindungsmuster des jeweiligen Volkes oder der Region erlauben. Dies müsste an Beispielen mit literaturwissenschaftlicher Sorgfalt zu belegen sein. Sind z.B. die merkbaren Unterschiede zwischen spanischer und südamerikanisch-spanischer Literatur mentalitätsbedingt; inwieweit haben - analog der Malerei - poetische Ausdrucksformen transnationale Einflüsse ausgeübt (deutsche Romantik und Lord Byron; englische und französische Dichtung der schwarzen Romantik; mögliche, nationalitätsbedingte Umformungen des Schelmenromans - Manuel Aleman/Ägidius Albertinus) etc. etc. 4. ein typisch englisches, französisches, chinesisches, deutsches usw. Philosophieren gibt, und ob dieses auf die einem Volk zugeschriebene Mentalität zurückgeführt werden kann. Dazu könnten als Beispiele Hume/Kant oder Heidegger/Sartre/Jaspers oder Voltaire/Leibniz oder Buber/Ortega y Gasset herangezogen werden. 5. validierbare Zuordnungen gibt, die bestimmte technische, künstlerische oder musikalische Fähigkeiten als typisch für eine Volksgruppe und den ihr zugeschriebenen Charaktereigenschaften untermauern. 6. vertretbar ist, die von Süskind/Dornberger in "Wörterbuch des Unmenschen" beschriebenen Ausdrucksweisen als typisch deutsch und damit als singuläre Erscheinung zu etikettieren. So albern der Blutmythos schon immer gewesen ist: eine spezifisch deutsche Manie ist er ganz gewiss nicht, denn er wird bis zum heutigen Tage in vielen Völkerschaften rund um die Welt gehätschelt und gepflegt und - keineswegs nur von Menschen oder Regimen, die dem Rechtsaußenspektrum zugeordnet werden können. Wenn es dem TE gelänge, seinen Deutsch-Begriff nicht nur abzuleiten von den zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft (einschließlich der Verwendung von Fäkalvokabeln), dann würde die Diskussion "Was ist deutsch?" von jenem Grad der Ernsthaftigkeit geprägt sein können, der dem Thema angemessen ist. Einfallsloses Antifa-Genöle ist bestimmt nicht der richtige Ansatz dazu. @Jaund Bescheidene Anfrage: Meint er mit "zur Raison bringen" jene Art der Völkerbeglückung, wie sie die von ihm anscheinend angehimmelten USA praktiziert haben im Irak und in Vietnam?
Inaktives Mitglied Geschrieben November 23, 2013 Autor Geschrieben November 23, 2013 Sieh einer an, @Minotaurus ist doch tatsächlich in der Lage, einen Beitrag auf beachtlichem Niveau und ohne persönliche Beschimpfungen abzuliefern. Ich möchte wirklich einmal wissen, warum wir hier nicht immer in dieser sachlichen Art diskutieren können. Politische Agitation liegt mir völlig fern. Ich bin Psychologe und daher interessiert an den Motiven des menschlichen Handelns, auch des politischen Handelns. Als „rechte Scheiße“ bezeichne ich aber jeden Versuch, eine Rangordnung der Völker, der Rassen, der Sprachen, der Kulturen usw. unter Bevorzugung der eigenen aufzustellen, insonderheit wenn die Grundlagen solcher Hintertreppenphilosophie aus der zur Religion erhobenen Biologie stammen und unredlich „Natur“ oder „Blut“ genannt werden. Genau dies ist aber das Werk der Theoretiker der „Volksseele“. „Die verfluchte Volksseele!“ schrieb Nietzsche und fuhr fort: „Wenn wir von deutschem Geiste reden, so meinen wir die großen deutschen Geister, Luther, Goethe, Schiller und einige andere, nicht den mythologischen Phantom der vereinigten Ungeistermasse…“ In der Tat: man kann nur von einzelnen reden. Die „deutsche Philosophie“ ist der Inbegriff der philosophischen Werke, die „deutsche Literatur“ der Inbegriff der literarischen Werke in deutscher Sprache. Aber natürlich bilden sich Traditionen, Richtungen und Stile aus. Niemand beginnt ganz von vorn, jeder empfängt Anregungen von seinen Vorbildern und seinen Zeitgenossen, und sei es in der Auseinandersetzung mit ihnen. Dichter und Philosophen haben Schüler und Fortsetzer. Die Sprache selbst ist ein Medium, das Inhalte transportiert. So sind Ähnlichkeiten im Ausdruck, im Stil, in der Auswahl der Fragestellungen und in der Art ihrer Behandlung nicht verwunderlich. Auch mag es zutreffen, dass die deutsche Sprache mit ihren Möglichkeiten komplexer Wortbildungen eher einer chiffrierten, hermetischen Betrachtungsweise Vorschub leistet als etwa das sachlichere Englische; das Deutsche hat die Werke der idealistischen Philosophie sicherlich einfacher hervorgebracht, als das Englische sie hätte erzeugen können. Aber obwohl die angelsächsische Philosophie eher empiristisch orientiert ist, stammt der moderne Empirismus – der des Wiener Kreises – wieder von Deutschen, nämlich von Carnap, Neurath, Reichenbach usw., und die heute im englischen Sprachraum vorherrschende analytische Philosophie geht auf Wittgenstein zurück. Und es ist ja keineswegs so, dass die deutschen Denker fremden, sogar nichteuropäischen Kulturen unzugänglich wären: der Lask-Schüler Eugen Herrigel und der Heidegger-Schüler Karl Löwith lehrten Philosophie in Japan, und der zeitgenössische Neuhegelianismus hat seinen Schwerpunkt in Amerika. Denken ist international. Begriffe zu bilden, logische Zusammenhänge zu stiften, Argumentationen zu prüfen ist in jeder Sprache möglich: wo ihr die Terminologie fehlt, lässt sie sich bilden. Auch Heidegger ist übersetzbar. Der „Volksgeist“ ist den Werken der Kultur nicht vorgängig, sondern wird ihnen im Nachhinein auf Grund gewisser Gemeinsamkeiten aufgeprägt. Nietzsche: „Wir wollen vorsichtig sein, etwas deutsch zu nennen: zunächst ist es die Sprache, diese aber als Ausdruck des Volkscharakters zu fassen, ist eine reine Phrase und jetzt bei keinem Volke möglich gewesen, ohne fatale Unbestimmtheiten und Redensarten.“ Damit wären wir beim Ansatz meines Ausgangspostings angelangt: Deutsch ist eine Sprache. Alles sonstige, was „deutsch“ genannt wird, ist vom Deutschen als Sprache abgeleitet, oder es existiert nicht. Denn wer wird wohl behaupten können, Descartes sei „typisch französisch“, Leibniz „typisch deutsch“? Beide schrieben Latein. Einen Punkt muss ich noch streifen, der den Mystikern der deutschen Seele nicht gefallen wird: dass nämlich die Juden einen hohen Anteil am geistigen Leben der Deutschen hatten und haben, und zwar einen weit höheren, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Und gerade den Juden ist die Zugehörigkeit zum Deutschtum immer wieder bestritten worden, obwohl sie sie schon dadurch dokumentierten, dass sie Deutsch schrieben; und zwar oft ganz hervorragendes Deutsch. Wie aber wäre die Omnipräsenz jüdischer Autoren zu erklären, wenn der Zusammenhang zwischen Sprache, Volkstum und Kultur genuin wäre? Gibt es eine typisch jüdische Literatur – auf Deutsch?
Inaktives Mitglied Geschrieben November 23, 2013 Autor Geschrieben November 23, 2013 Ich will wenigstens für meinen Teil festhalten, dass ich viele liebenswürdige Züge der Deutschen bewundere und dass es mich anödet, wenn Deutsche sich mit allen schlimmen Eigenschaften behaftet sehen.Diese Verrücktheit ist Folge einer Umerziehung, die krank macht und leider schon über ein halbes Jahrhundert währt. Zahllosen Deutschen hat diese Prozedur allerdings zu Karrieren verholfen, und so sind ihnen Opportunismus und Selbstzerfleischung zur zweiten Natur geworden. Dass sie dafür von ihren Beherrschern insgeheim und nicht selten auch offen verachtet werden, kann nicht verwundern. Die Art aber,wie @Jaund hier ein ganzes Volk unter Quarantäne und Dauerüberwachung stellen will und ihm bestenfalls die Funktion eines gehorsam ausführenden Organs zuordnet, sucht an dreister Offenheit ihresgleichen. Am Schluss fragen sich Menschen wie er dann noch, weshalb sie auf Abneigung stoßen..Die "ganze Welt" hasst die Deutschen ? ?Empirische Untersuchungen widersprechen dem. Die Deutschen gelten als das weltweit beliebteste Volk , was sie - Folge ihrer Dressur - gar nicht begreifen wollen.Antigermanismus ist kein bekannter Begriff. Die Rolle des meistgehassten Volkes ist dauerhaft vergeben, weshalb es sich als zweckmäßig erwies, für die entsprechende Abneigung ,die so oft vorkommt, einen Begriff immer parat zu haben. Ich möchte in einem Forum, dessen Teilnehmer sich offenbar klaglos verhöhnen und beschimpfen lassen, nicht mehr mitwirken.- - -
Mi**** Geschrieben November 23, 2013 Geschrieben November 23, 2013 Der Threadersteller (TE) kann es offenbar nicht unterlassen, seinen hochmütigen Gestus erneut zu kultivieren. Sei's drum. Immerhin bemüht sich der TE, die in seinem Eingangsstatement fehlende Sachlichkeit nachzuholen. Der italienische Lyriker und Philosoph Giacomo Leopardi würde die eingrenzende Betrachtungsweise des TE in Bezug auf die deutsche Sprache sicherlich nicht geteilt haben. Denn Leopardi hält in einem Essay seines "Zibaldone di pensieri" (Das Gedankenbuch) fest, keine andere Sprache als das Deutsche sei so vortrefflich geeignet für genau nachempfindende Übersetzungen aus anderen Sprachen. Andererseits aber erweist sich die Begrenzheit der deutschen Sprache (wie aller Sprachen übrigens), wenn es gilt, für bestimmte Begriffe eine genuine Entsprechung zu finden, beispielweise beim Wort "influence" (im Französischen und Englischen), das weitaus schwebender und leichter ist als das deutsche "Einfluss" . Die polyglotte Dichterin Hilde Domin, durchaus zum Sprachenvergleich bemächtigt, betonte mehrfach die im Deutschen, aber sonst in keiner anderen Sprache möglichen Kompositaverbindungen, die als poetisches Mittel völlig neuartige Gefühlsmomente auszudrücken imstande sind. Was nun als "typisch jüdische" Literatur angesprochen werden könnte, erschließt sich allenfalls, wenn wir die Texte z.B. von Scholem Asch oder Isaac B. Singer heranziehen, die das originäre Idiom des Jiddischen geschrieben haben. Es wird auch kaum von einer "typisch jüdischen" Literatur in Neuhebräisch die Rede sein können, denn Schauplätze, geschichtliche Reminiszenzen oder handelnde Figuren geben zwar literarisches Lokalkolorit, jedoch nichts dafür her, Autoren wie Naipol, Nagfus, Pamuk, Aitmatow oder die Achmatowa als ethnietypische Stilisten zu verorten. So kann eben auch der Verfasser der "Schwarzwälder Dorfgeschichten", Berthold Auerbach, zwar als Impulsgeber für Gottfried Keller, Tolstoi und George Sand bezeichnet werden, jedoch nicht als "jüdische Literatur auf Deutsch" , ebenso wenig wie Kafka oder Max Brod. Etwas anderes ist das mit der Dialektdichtung, die nun - ob wienerisch, provenzalisch oder plattdeutsch - durchaus in ihrer Gesamthaltung etwas vom spezifischen Kulturraum und der Befindlichkeit seiner Bewohner zu verraten vermag. Auch müsste untersucht werden, inwieweit der von Leopold Senghor geschaffene Begriff der "Négritude" als literarisch-stilistisch ausgeprägte Form einer Mentalitätsbefindlichkeit zu gelten habe. Schwerlich wird eine angestrebte Beweisführung gelingen können, die ein kurzzeitliches historisches Ereignis als charakteristisch für einen Volksstamm oder eine Nation reklamieren möchte. Die Sozialpsychologie käme in Teufels Küche, wenn sie versuchte, eine historische Momentaufnahme als systemimmanente Befindlichkeitsstruktur zu behaupten und auszuweisen.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 24, 2013 Autor Geschrieben November 24, 2013 Schwerlich wird eine angestrebte Beweisführung gelingen können, die ein kurzzeitliches historisches Ereignis als charakteristisch für einen Volksstamm oder eine Nation reklamieren möchte. Selbstverständlich. Eine solche Geschichtsbetrachtung hieße ja wiederum – diesmal vom anderen Ende – ein „deutsches Wesen“ zusammenzufabulieren: diesmal die Deutschen als Verbrechervolk. Nichts kann ferner liegen, als die deutsche Geschichte im Ganzen wie ein Präludium des Nationalsozialismus zu behandeln und sie damit zu schänden. Der Nationalsozialismus war aber auch kein Verhängnis wie die Pest. Dass er zur Macht gelangen und seine Herrschaft zu Krieg und Massenmord entfalten konnte, ist dem Versagen der deutschen Eliten und dem „Verrat der Intellektuellen“ (Julien Benda) zuzuschreiben, die in den Untaten des Regimes den für eine gewaltige Zukunft zu entrichtenden Preis sahen. Die Massen sind in einer Zeit der Glaubenslosigkeit immer dankbar für jemanden, der ihnen den Glauben zurückgibt, oder, wie der frühe Hitler-Biograph Konrad Heiden es ausdrückte: einen Trostgeber, der ihnen sagt, wovon sie träumen sollen. Dem Volk ist keine Kollektivschuld anzulasten. Aber die Männer, die von Anfang an klar sahen, griffen spät, viel zu spät ein, und das deswegen, weil sie selbst in einer geistigen Tradition standen, die auch den Nationalsozialismus hervorgebracht hatte. Es bleibt nämlich unbestreitbar, dass die ideologischen Bruchstücke, die der Nationalsozialismus zusammenfügte, im erwachenden deutschen Nationalismus des 19. Jahrhunderts vorgebildet waren und nur aufgegriffen werden mussten. Hier folgte der Nationalsozialismus demselben Schema wie alle anderen europäischen Faschismen und wie politische Ideen schlechthin, die sich niemals aus sich selbst zeugen. Zwölf Jahre Naziherrschaft dürfen den Blick auf das Totum der Geschichte nicht verstellen, bestehen aber als ein Schandmal, das nicht einfach abgewaschen werden kann, ähnlich wie jener Blutfleck, den der amerikanische Schlossherr in einer modernen Adaption von Wildes „Gespenst von Canterville“ vergeblich mit neuartigen Reinigungstechniken zu beseitigen versucht.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 24, 2013 Autor Geschrieben November 24, 2013 Ich muß mich doch nicht fragen.woher der Name " Deutschland " kommt?--Deutschland ist einmal der deutsche Staat,früher als BRD und DDR,heute als" Bundesrepublik Deutschland" bezeichnet.Dann gibt es noch Deutschland als Gebiet,indem heute oder früher die deutsche Sprache und Kultur Einfluß gewonnen hatten.Dieses erstreckte sich historisch etwa westlich des Rheines bis hinauf ins heutige Litauen,und von Südtirol bis hinauf in die südlichen Teile Dänemarks.Heute ist die deutsche Sprache noch in Österreich und in dem deutschsprachigen Teil der Schweiz offizielle Sprache.Woher kommt den nun der Begriff " deutsch " ? Garnicht so einfach-Früher gab es in dem Gebiet des heutigen Deutschlands viele verschiedene Stämme,die meisten gehörten zu der Stammesgruppe der Germanen Die wichtigsten von ihnen waren die Alemannen (Schwaben) Bayern, (Ost) Franken,Thüringer und Sachsen.Wenn sie über sich als Gruppe sprachen,so nannten sie sich " deutsch " und ihre Sprache " deutsche " Sprache. Dies grenzte sie einmal vom lateinischen (römischen) wie auch vom romanischen (französischen) Sprachbereich ab.Wo kommt das Wort für diese Sprache her ? In der Wortfamilie " deutsch " gibt es noch ähnliche Wörter,sowie deutlich,deuten,Bedeutung,bedeutend,verdeutlichen usw. Und der Teil " deut" war ein altes,sehr wichtiges,germanisches Wort,und bezeichnete das " Volk " bzw. die " Stammesgruppe " Der Begriff " deutsch " entstand dann als Abkürzung des Eigenschaftswortes " deut-isch" und bezeichnete das " was zum deut (Volk) gehört" Wenn man also etwas deutet,dann macht man dem " deut" (Volk) etwas verständlich,und wenn es deutlich ist,dann ist es " volksgemäß" Alles was Bedeutung hat,kommt beim Volk gut an,.Ein altes deutsches Sprichwort kommt diesem Sinn auch noch sehr nahe.Wenn jemand im Ernst sagt " Wir wollen einmal deutsch miteinander reden " dann bedeutet dies " besonders deutlich und direkt miteinander reden also so,wie man im Volk miteinander redet,ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.Deutsch war also die Sprache des Volkes,der einfachen Leute. Die gelehrten Leute sprachen dagegen.lateinisch.So waren fast alle Bücher in lateinischer Sprache geschrieben,und erst später gab es auch Bücher in deutscher Sprache.Mit der Zeit verlangten immer mehr Menschen nach deutschen Büchern und Deutsch wurde von immer mehr Leuten gesprochen.Als Martin Luther 1521 anfing die Bibel in die deutsche Sprache zu übersetzen,war es sein Anliegen so zu schreiben,wie die Leute sprachen.Die deutsche Bibel wurde daher das erste wichtige Buch in deutscher Sprache. Habe ich die bisherigen Beiträge richtig verstanden ? Apropos Sex--dabei habe ich mich immer als leidenschaftlicher Mann gefühlt--und nie an die Nationalität gedacht
Le**** Geschrieben November 27, 2013 Geschrieben November 27, 2013 Scheiß auf das "Deutsch" sein. Ich bin Mensch, jegliches "deutsche" Nationalgefühl, Ehre oder ähnlicher Schrott ist mir zutiefst zuwider. Besonders weil der Spruch "Deutsche Waffen, deutsches Geld morden in der ganzen Welt" wieder einmal bittere Realität ist.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 28, 2013 Autor Geschrieben November 28, 2013 Offenbar finden die wenigen Teilnehmer dieses Forums keine positiven Antworten auf die Frage "Was ist deutsch?".Tröstlich ist, dass aber ein jeder sogleich etwas beitragen kann, wenn die Antwort etwas Negatives über die Deutschen sagt. Wenn deutsche Waffen morden, dann wissen wir plötzlich wieder, was deutsch ist- ein im Negativen auserwähltes Volk in der weiter blühenden Tradition der Selbstbezichtigung. Wie schön dagegen das Bekenntnis eines großen Mannes unserer Zeit: "Ich bin der Sohn einer Nation, die ihre Nachbarn mehrfach zum Tode verurteilt hatten.Sie hat ihre Identität und nationale Souveränität ...bewahren können, und das nicht durch physische Gewalt, sondern einzig und allein durch das Festhalten an ihrer Kultur. Diese Kultur hat sich als stärker erwiesen als alle anderen Kräfte."- Und bei allem Widrigen bleibt den Deutschen doch der Trost eines dichterischen Genies des vorigen Jahrhunderts : "Der Nackenschlag, / Der Fußtritt sei gesegnet- /Der Peitschenhieb, der im / Gesichte brennt./ Wo immer Menschenschmerz /Dem Menschenstolz begegnet,/ wird aus dem Sklaven Spartakus / Der Insurgent."- Vielleicht zeigen die Deutschen bald wieder Stolz, und nicht bloß auf Ho, Castro und Allende oder...alle vier Jahre bei der Fußball-WM..
Inaktives Mitglied Geschrieben November 29, 2013 Autor Geschrieben November 29, 2013 Der SED-Parteibarde Kurt Barthel, der Hymnen auf Stalin dichtete, war von einer deutsch-vaterländischen Gesinnung ganz sicher weit entfernt. Aber dem gequälten Deutschgläubigen ist jedes Zitat recht. Die Ewig-Gestrigen beklagen zwar ständig die Manie der Deutschen zur Selbstbezichtigung und zur kollektiven Scham, laufen aber mit einer Leidensmiene herum, dass man ihnen die stolzen Germanen, die sie gern wären, nicht mehr abnimmt. Es würde ihnen gut tun, endlich zu begreifen, dass die Weltgeschichte das Weltgericht ist. Um was handelt es sich bei jener Kultur, von der in @Nuwas‘ erstem Zitat (das übrigens nicht von einem Deutschen, sondern von einem Polen stammt) die Rede ist? Es handelt sich um den Zusammenhalt der Sprache, gleichzeitig die Klammer der Geschichte. Ein polnisches Volk gab es immer, einen polnischen Staat immer wieder nicht; von östlichen und westlichen Aggressoren wurde er geteilt, besetzt, schließlich verschoben. „Volk“ und „Staat“ sind nicht dasselbe. Die Sätze „Es ist der Gang Gottes in der Welt, dass der Staat ist, sein Grund ist die Gewalt der sich als Wille verwirklichenden Vernunft. Man muss daher den Staat als wie ein Irdisch-Göttliches verehren.” stammen – natürlich, könnte man sagen, wenn es nicht falsch wäre – von einem Deutschen, nämlich von Hegel. Ein Volk ist die Gemeinschaft derer, die dieselbe Sprache sprechen; aber sie sind deshalb noch längst keine "Volksgemeinschaft", sondern eine gemeinsame Geschichte und Kultur verbindet sie nur bedingt. Ein Holsteiner und ein Bayer, ein Brandenburger und ein Westfale – was haben sie gemeinsam? Eine gemeinsame Geschichte? Nein. Eine gemeinsame Kultur? Nur wenn sie „gebildet“ sind und über ihren Lebenskreis hinaus denken können. Man muss „Deutschtum“ konstruieren, um ihnen die Idee des „Vaterlandes“ beizubringen, das mehr ist als ihre Heimat, und dies gelingt am besten in einer schwülstigen, dumpfe Triebe ansprechenden Atmosphäre. Aber ganz schnell hat die Geschichte diese Idee mitsamt dem Dunst, in den sie gehüllt ist, wieder verschluckt: der Holsteiner oder der Bayer, der Brandenburger oder der Westfale blickt über seinen Lebenskreis hinaus nicht nach Deutschland, sondern in die ganze Welt; er nimmt Anteil an Glück und Unglück der Menschen auch in Tschetschenien, Chile, Ägypten, Syrien oder Tibet, und er tut gut daran. Bereits Lessing schrieb nämlich: „Der gute Ruf eines Patrioten ist das letzte, was ich mir wünsche, wenn der Patriotismus mich lehren sollte, mein Weltbürgertum zu vergessen.“ Wer heute "deutsch" denkt, denkt provinziell.
Jaund Geschrieben November 29, 2013 Geschrieben November 29, 2013 Man muss „Deutschtum“ konstruieren, um ihnen die Idee des „Vaterlandes“ beizubringen, das mehr ist als ihre Heimat, und dies gelingt am besten in einer schwülstigen, dumpfe Triebe ansprechenden Atmosphäre. So ist es, dem ist wohl kaum noch etwas hinzuzufügen. Aber: Aber ganz schnell hat die Geschichte diese Idee mitsamt dem Dunst, in den sie gehüllt ist, wieder verschluckt: der Holsteiner und der Bayer, der Brandenburger und der Westfale blickt über seinen Lebenskreis hinaus nicht nach Deutschland, sondern in die ganze Welt; er nimmt Anteil an Glück und Unglück der Menschen auch in Tschetschenien, Chile, Ägypten, Syrien oder Tibet, und er tut gut daran. Das trifft mehrheitlich wohl nur auf einen gewissen Teil der Bildungsschicht zu. Die unteren Bevölkerungsschichten sind von dieser Sichtweise in jedem Fall noch meilenweit entfernt. Besonders schlimm dabei: Diese unteren Bevölkerungsschichten wachsen rasant an - von der Politik ausdrücklich gewollt. In diesem Zusammenhang: "Typisch deutsch" wäre es, wenn der SPD-Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag zustimmend ausfallen würde. Es wäre gleichermaßen der finale Genickschuss für die Sozialdemokratie in Deutschland, wie es eben "typisch deutsch" wäre. Ich fürchte durchaus, dass es so kommen wird. Sollte ich diesbezüglich irren, dann würde ich mich sehr freuen - und hätte vielleicht sogar ein klein wenig Hoffnung für die Menschen in Deutschland.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 29, 2013 Autor Geschrieben November 29, 2013 Das obige Zitat stammt tatsächlich von einem Polen, von Karol Woytila nämlich, Papst Johannes Paul Ii. Es wäre sicher ein Problem gewesen, ihm deutlich zu machen, dass sein Bekenntnis zum Polentum eigentlich bloß ein Bekenntnis zur...polnischen Sprache sei und dass Polen in den Masuren, in Oberschlesien und an den Ufern der Weichsel nichts weiter verbinde als die Sprache. Wer seinem eigenen Volk und Land die Anteilnahme verweigert, von dem ist kaum anzunehmen, dass er in einem Akt der "Fernstenliebe" am Schicksal der Tschetschenen, der Syrer oder der Insulaner von Otaheiti herzlichen Anteil nimmt.Er sieht vielleicht gerne fern und liebt dabei besonders die Nachrichten mit human interest. Die sind ja dann fern genug. Mich beschleicht der Gedanke, dass wir bei unserer Suche nach dem , was "deutsch" bedeutet, doch ein wenig fündig geworden sind. Deutschland ist das Land, in dem die selbstvergessene Fernstenliebe im Stil @Psychodocs eine weitverbreitete Krankheit ist.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 29, 2013 Autor Geschrieben November 29, 2013 Hand aufs Herz: Einer meiner Freunde, der in Angola geboren wurde (jawohl, er ist schwarz) und in Deutschland aufgewachsen ist, spricht das Deutsche ebenso gut wie ich, sogar mit höchst charmanten dialektalen Eigenheiten. Er hat in Deutschland die Schule besucht, arbeitet in Deutschland, hat eine deutsche Frau und zwei nette Kinder und natürlich auch die deutsche Staatsbügerschaft. Ist er ein Deutscher oder nicht? Die Antwort gibt Aufschluss über die Gesinnung. Wenn sie "nein" lautet, was fehlt ihm? Deutsches Blut? Eine deutsche Seele? Jetzt bin ich aber mal gespannt.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 29, 2013 Autor Geschrieben November 29, 2013 Ja,@Psychodoc, sprachliche Defizite von Fremden sind immer "charmant". Eine Französin, die hier ihre Sprache lehrte, hatte in über 30 Jahren ihren Akzent nicht verloren. Gnadenlos aber korrigierte sie die Aussprache ihrer deutschen Schüler Das "Französische " war es ihr wert. --- Deinen in Angola geborenen Freund kann Deutschland gut aufnehmen.. Ich will ihn als "deutsch" akzeptieren.Viel von Deutschland, seiner Kultur und Geschichte wird er nicht goutieren. Wenn die Probleme kommen, bedient er sich anderer "Identität".
Inaktives Mitglied Geschrieben November 30, 2013 Autor Geschrieben November 30, 2013 Er hat keine Defizite dieser Art, also etwa einen Akzent, vielmehr die Dialektfärbung seiner Umgebung angenommen; bei einem Schwarzen erwartet man das zunächst nicht, es wirkt in der Tat charmant. Wieviele Deutsche goutieren denn ihre Kultur und ihre Geschichte? Nur die Gebildeten, die auf den "Pöbel" mit Geringschätzung hinabblicken. Der einfache Mann ist gerade gut genug, an den Fronten zu fallen, die die "Eliten" mit ihrem so wertvollen kulturellen und historischen Hintergrund aufgemacht haben, damit sie ihn hinterher pathetisch bejammern und entsprechende Gedenkstätten einweihen können.
Mi**** Geschrieben November 30, 2013 Geschrieben November 30, 2013 Zitat @Psychodoc: "Man muss „Deutschtum“ konstruieren, um ihnen die Idee des „Vaterlandes“ beizubringen, das mehr ist als ihre Heimat, und dies gelingt am besten in einer schwülstigen, dumpfe Triebe ansprechenden Atmosphäre" Vorausgesetzt, diese These könne als richtige Erkenntnis angenommen werden, so erhebt sich die Frage, inwieweit sich der Begriff des "Vaterlandes" (Neutrum) z.B. von dem französischen "la patrie" (Femininum) unterscheidet oder dem nicht minder hochemotionellen italienischen "patria" (Femininum). Nun ließe sich einwenden, dass sich in Frankreich als einem seit Jahrhunderten existierenden Zentralstaat weit mehr ein nationales Bewußtsein entwickelt hat. Wobei die französische Sprache ebenfalls als Klammer dient, spätestens seit den Texten der Marie de France. (Die Eigensprachen der Bretonen und Basken seien einmal ausgeklammert). Doch die "heimatlichen" Gefühle in der Gascogne, der Provence, der Vendée oder der Normandie sind keineswegs geringer ausgeprägt als vergleichsweise in Bayern, Sachsen oder Schleswig-Holstein, zumal die dialektalen Unterschiede in Frankreich genauso groß sind wie in Deutschland.. Das gilt für das erst im 19. Jahrhundert vereinigte Italien ebenso. Auch dort ist die Zugehörigkeit zu einer Region - sei es Sizilien oder das Friaul, samt der dort jeweils gesprochenen Dialekte - stets die gewachsene Heimstatt der heimatlichen Gefühle, die durchaus sich als Gegensatz zu anderen Regionen begreift und Quelle feindseliger Gefühle gegen Bewohner anderer Regionen sein kann. Gleichwohl - und das verstand Mussolini gut zu instrumentalisieren - nimmt der übergeordnete Begriff der "patria", also des Vaterlandes, einen hohen Stellenwert ein, bis hin zu der von @Psychodoc abfällig gemeinten Zuordnung des "einfachen Mannes" , der gerade "gut genug" sei, als Soldat zu sterben. Und wenn @Psychodoc höhnt, die deutschen "Eliten" hätten dann nichts anderes zu tun, als "pathetisch zu bejammern und entsprechende Gedenkstätten einzuweihen", dann zeigt das allenfalls, dass der User anscheinend noch nie in anderen Ländern gewesen ist und ihm daher jede Vergleichsmöglichkeit fehlt. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der User nicht unterstellte, diese Gebräuche seien "typisch deutsch". "Heldenfriedhöfe" (wie Arlington in den USA), quadratkilometergroße Soldatenfriedhöfe und jede Menge Kriegerdenkmale sind nun wahrlich keine "typisch deutsche" Erfindung oder Eigenheit. Diese Kulte um die Opfer politisch gewollter Machtdemonstration, vulgo Gefallene, mögen als makabres Erinnerungsritual zur nachträglichen Rechtfertigung des Krieges eingeschätzt werden können - "typisch deutsch" sind sie aber in keinem Fall. Wer sich mit der Geschichte der Sepulkralskulptur beschäftigt, wird rasch gewahr, wie bereits seit Jahrtausenden das Andenken an gefallene Krieger bildkünstlerischen Ausdruck fand. Und nein! - es ist auch nicht "typisch deutsch", dass nun wegen einer kunstpolitischen Ästhetikvorstellung das Gefallenenehrenmal von Ernst Barlach durch die Nazis entfernt wurde. Sicherlich kann, aber muss nicht zwangsläufig, die Zugehörigkeit zu einem Sprachraum den schillernden Begriff Heimat, bzw. Vaterland rechtfertigen. Das kann auch in geringerem Maß gelten für die Angehörigen eines Staates, doch mitnichten als Zwangsläufigkeit gelten. Möglicherweise kann das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Nation stärker eine Mentalitätsbefindlichkeit à la Heimat (Vaterland) begründen, selbst wenn die Angehörigen dieser Nation über mehrere Staaten verteilt sind - signifikantes Beispiel sind die Kurden. Gar so schablonenhaft, wie @Psychodoc ein "Deutschtum" aus allerlei Negativem zusammenbasteln will, kann eine Definition nicht angegangen werden. Der Rückfall in eine deutlich parteiideologisch gefärbte Sichtweise ist sehr bedauerlich, eine Sichtweise, die sich unübersehbar bemüht, eine nun endlich in Gang gekommene Sachdiskussion polemisch zu unterlaufen mit historizierendem Schnickschnack aus dem Vorurteilskämmerchen. Marine le Pen, die Parteivorsitzende des chauvinistischen "Front national" in Frankreich, wird sich jedenfalls freuen, jenseits der Grenzen einen so beredten Mitkämpfer zu finden für ihre antideutschen Ressentiments.
Inaktives Mitglied Geschrieben November 30, 2013 Autor Geschrieben November 30, 2013 @Minotaurus Herzlichen Dank! Ich hoffe, dass niemanden die Länge des Textes gestört hat. Manches lässt sich eben nicht in drei Sätzen sagen. Vielleicht gelingt es Ihnen doch noch, @Psychodoc bei seiner negativen Privilegierung der Deutschen ein wenig Schwierigkeiten zu machen.Sehr geschickt auch ihre Schlusssätze. Ich wäre an der gleichen Stelle natürlich in die Messer gelaufen. Ich weiß noch aus meiner Auseinandersetzung mit @Psychodoc vor zwei Jahren, dass er auf dem Gebiet der Politik leider ein entschiedener Kämpfer ist .
Inaktives Mitglied Geschrieben Dezember 2, 2013 Autor Geschrieben Dezember 2, 2013 Dieser Thread artet allmählich in Arbeit aus, aber da muss ich wohl durch, da ich ihn selbst angezettelt habe. Im Grundsatz ist bereits alles gesagt, jedoch über die verschiedenen Beiträge verstreut, so dass ich es für erforderlich halte, noch einmal neu anzusetzen. Ich verwahre mich dagegen, dass meine Einschätzung der deutschen Geschichte und meine Perspektive auf „Deutschland“ als historisches Gebilde mit dem Prädikat „antideutsch“ versehen wird. Es ist keine Bedingung einer sinnvollen Rede über Deutschland, dass sie erbaulich sei; dies ist aber die Art, wie @Nuwas über Deutschland redet: ihm wird warm ums Herz, wenn er „Deutschland“ sagt, bei mir geschieht nichts dergleichen. Deutschland ist für mich ein geographischer Begriff und ein Gegenstand der Geschichtsbetrachtung und nicht der Predigt. Es ist zufällig auch das Land, in das ich ohne mein Zutun hineingeboren wurde und mit dem ich folglich auf bestimmte Weise verbunden bin; aber dieser Verbindung muss ich gewärtig sein, ich muss sie annehmen und gestalten, anstatt sie mit gefühligen Phrasen zu behängen wie den Weihnachtsbaum mit Lametta. Wer deutschen und französischen Nationalismus miteinander vergleicht, muss die bereits erwähnte Unterscheidung in Volks- oder Kulturnation und Staats- oder Willensnation berücksichtigen: "Man wird die Nationen einteilen können in Kulturnationen und Staatsnationen, in solche, die vorzugsweise auf einem gemeinsamen Kulturbesitz beruhen und solche, die vorzugsweise auf der vereinigenden Kraft einer gemeinsamen politischen Geschichte und Verfassung beruhen." (Friedrich Meinecke) Die Willensnation wird von Menschen gebildet, die in einem einheitlichen Staat leben wollen. Es handelt sich hierbei also um eine bewusste und erstrebte politische Gemeinschaft, die durch den Staat definiert ist; sie wird von einer Mehrheit subjektiv gewollt („Das Dasein einer Nation ist ein täglicher Plebiszit.“ Ernest Renan) und kann zwar von Sprechern einer einheitlichen Sprache gebildet werden, kann aber auch fremdsprachige Bevölkerungsteile umfassen. Die Zugehörigkeit zur Kulturnation hingegen soll durch Muttersprache, Abstammung und Geschichte gegeben sein: „Eine Nation ist, mögen die einzelnen, aus denen sie besteht, ihr zugehören wollen oder nicht. Sie beruht nicht auf freier Selbstbestimmung, sondern auf Determination.“ (Meinecke) Frankreich ist eine Staatsnation, die sich nach dem Ende des Absolutismus auf der Grundlage der in der Revolution von 1789 proklamierten Werte konstituiert hat und immer von neuem konstituiert. Volk, das sind die Bewohner der Bretagne, der Provence oder des Elsass; die Franzosen sind die grande nation. In Deutschland hingegen wird Volk mit einem nachgerade mythischen Unterton als gleichbedeutend mit Nation benutzt. Französischer Nationalismus ist das Bekenntnis zum Staat; unter anderem deshalb sind die Gedanken eines Barrès den Franzosen im Grunde fremd geblieben. Deutscher Nationalismus ist der Glaube an Deutschland: an seine Einmaligkeit, an seine Auserwähltheit, an seine Höherwertigkeit. Das Volk wird als etwas Naturgegebenes betrachtet, etwas, das sich verhält und entwickelt wie ein lebender Organismus; ein Staat entsteht, wo sich der Volksgeist objektiviert (Treitschke). Von dieser Position zum Biologismus und Rassismus ist es nur ein kurzer Sprung. Der einzelne erscheint dann wie der Angehörige eines Bienenstocks, der ganz im Dienst für die Gemeinschaft aufgeht und sich opfert, damit diese fortdauere: „Die Nation trank gleichsam das Blut der freien Persönlichkeit, um sich selbst zur Persönlichkeit zu erheben.“ (Meinecke). Gedanklich genährt wurden diese Auffassungen von Afterphilosophen wie Chamberlain, Lagarde, Langbehn und später Moeller van den Bruck und Rosenberg, die die deutsche Philosophie als Selbstbedienungsladen betrachteten, in dem sie Material für ihre vorgefassten Meinungen „aufrafften, wie es ihnen aufstieß“ (so würde Kant gesagt haben). Sie missdeuteten Herder, verfälschten Fichte, pervertierten Schopenhauer und instrumentalisierten Nietzsche. Das, was so ähnlich klang, wie sie es selbst gern geschrieben hätten, vermengten sie mit Gobineau, Spencer, Darwin und nicht zuletzt dem Antisemitismus Richard Wagners. Dass diese Lehren einen fatalen Einfluss auf das deutsche Bürgertum hatten, ist wohl unbestreitbar. Liest man nun Fichtes berühmte „Reden an die deutsche Nation“, denen gern unterstellt wird, sie dokumentierten die Wandlung des Autors vom Individualisten zum Nationalisten, im Original, so findet sich nichts von alledem. Indem Fichte in der ersten Rede alle Deutschen anspricht, meint er alle Deutschsprachigen, ohne damit den Anspruch auf einen gemeinsamen deutschen Staat zu verbinden. Einen solchen Gesamtstaat lehnt er in der neunten Rede sogar ab, weil er ihn als Gefahr für die Freiheit betrachtet (immerhin hatte er Jena wegen des Atheismusstreits verlassen und in Preußen Zuflucht gefunden, wo die „Reden an die deutsche Nation“ allerdings alsbald verboten wurden). Als erstes angeblich objektives Kriterium der Kulturnation sieht er, ganz wie es auch in meinem Ausgangsbeitrag gemeint ist, die Sprache an. Er lobt die Entwicklungsfähigkeit des Deutschen, das nicht wie die romanischen Sprachen überliefert ist und fertig vorliegt, sondern sich vervollkommnen soll; sie ist kein Gegebenes (wie später „Blut“, „Seele“ u. ä., das dem germanischen Menschen innewohne), sondern ein subjektiv Erarbeitetes: es ist die Freiheit des einzelnen, die sie formt. Die Abstammung, das zweite „objektive“ Kriterium der deutschen Nationalität, hält Fichte für völlig irrelevant: er betrachtet die Deutschen ebenso als ein Mischvolk wie andere Völker. Ein Deutscher ist ihm jemand, der sich weiterentwickeln kann und nicht auf das begrenzt ist, was ihm durch Überlieferung und Stammeszugehörigkeit gegeben wurde: “… was an Geistigkeit und Freiheit dieser Geistigkeit glaubt, und die ewige Fortbildung dieser Geistigkeit durch Freiheit will, das, wo es auch geboren sei und in welcher Sprache es rede, ist unsers Geschlechts, es gehört uns an und es wird sich zu uns tun.“ Geschichte endlich - das dritte Kriterium - im Sinne der Unfreiheit und des Irrationalen ist Fichte nicht einmal der Rede wert. Deswegen prägt Meinecke für die Nation, wie Fichte sie will, die treffende Bezeichnung „Vernunftnation“. Von der Volksseele, vom deutschen Blut, von der Überlegenheit deutscher, germanischer oder nordischer Völker ist bei ihm in der Tat nichts zu finden. Sein „Nationalismus“ hätte der Ausgangspunkt für ein liberales und geistiges Selbstverständnis der Deutschen sein können – wurde er aber nicht. Stattdessen etablierte sich mehr und mehr ein Bierzeltnationalismus, der die deutsche Überlegenheit predigte und eine deutsche Hegemonie in Europa verlangte. Markante Daten sind schließlich Bismarcks Entlassung und die Gründung der Alldeutschen Bewegung. Ausgangs des 19. Jahrhunderts entstanden auch jene biologistischen, rassistischen und sozialdarwinistischen Werke, die ich bereits erwähnte; sie schufen zusammen mit dem alldeutschen Vulgärnationalismus, der auch auf Österreich übergriff, eine geistige Atmosphäre, die der junge Hitler einatmete und aus der das „granitene Fundament“ wurde, von dem er in „Mein Kampf“ berichtet. Die Einigung von 1871 unter Führung Preußens war für Europa und schließlich auch für die Deutschen selbst, obwohl sie eine große Sehnsucht erfüllte, letztlich ein Unglück, das sie zu spüren bekamen, als Bismarcks System von Bündnissen und Verträgen auseinanderzubrechen begann, und das sich mit der Katastrophe von 1945 vollendete. Ein schwaches Deutschland hätte keinen Weltkrieg bestehen können. Ein einiges, allzu selbstbewusstes Deutschland aber war immer eine Gefahr für den Frieden in Europa, und wer die Geschichte des „europäischen Bürgerkrieges“ (Nolte) kennt, kann sich ein Wiedererstarken dieses Landes, auch als führende Wirtschaftsmacht (es befremdet einigermaßen, dass z. B. von seiten @Nuwas‘ auch eine Art „Wirtschaftsnationalismus“ vorgetragen wird, als ob alle anderen Länder nichts anderes im Sinn hätten, als Deutschland auszubeuten), nicht wünschen. Das hat nichts mit antideutschen Ressentiments zu tun, sondern mit Vorsicht, so wie man ein wildes Tier, das man glücklich im Käfig hat, nicht wieder herauslässt, obwohl es inzwischen gezähmt scheint; dieses Tier ist nicht Deutschland, sondern der unheilvolle deutsche Nationalismus, der mit der edlen, zukunftsweisenden Gesinnung Fichtes rein gar nichts zu tun hat. Glücklicherweise erleben wir ihn meist nur noch in seiner sprachlichen Manifestation; dass das Wort wieder zur Tat werde, sollten wir alle gemeinsam zu verhindern wissen.
Li**** Geschrieben Dezember 2, 2013 Geschrieben Dezember 2, 2013 Man könnte sich auch kürzer halten, wer liest das denn schon?
Inaktives Mitglied Geschrieben Dezember 2, 2013 Autor Geschrieben Dezember 2, 2013 Hat mich auch zwei Stunden gekostet :-). Kürzer ging's nicht, wer an dieser Diskussion interessiert ist, wird's schon lesen. Aber das soll es dann auch gewesen sein.
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