Inaktives Mitglied Geschrieben Dezember 7, 2013 Geschrieben Dezember 7, 2013 Damit wir hier inmitten von geistigen Höhenflügen und Trauerbekundungen wieder etwas festen Boden unter den Füßen gewinnen, hier ein Hinweis auf den Bericht "Porno-Streaming- Nutzer bekommen Post vom Anwalt" aus der Welt ,6.12.13 um 15.46. Der Autor weist darauf hin, dass eine Augsburger Anwaltskanzlei derzeit Nutzer der Seite Redtube mit Abmahnungen überzieht, weil sie angeblich illegal Filme dort gesehen haben. Die Anwälte fordern Zahlungen bis 250,- Euro. Gibt es hier schon Erfahrungen ? Was sagen unsere verdienten Freunde vom queerkino dazu?
Moderator Ha**** Geschrieben Dezember 10, 2013 Moderator Geschrieben Dezember 10, 2013 Zunächst einmal möchte ich den von @nuwas erwähnten Artikel aus Die Welt nachreichen. Dort heisst es auch unter anderem: Der Kölner Internetrechtler Christian Solmecke kommentiert im Gespräch mit der "Welt" die Abmahnwelle: "Ich zweifele daran, dass die Kölner Richter diesem Auskunftsersuchen überhaupt hätten stattgeben dürfen", sagte er. "Auch konnten die Nutzer von Redtube nicht wissen, dass das Material dort eventuell ohne Zustimmung der Rechteinhaber online gestellt wurde." Ob Redtube selbst unter juristischem Druck die IP-Adressen seiner Nutzer herausgerückt hat, ist nicht bekannt. Alternativ hätte jemand die Verbindungen der Redtube-Server abhören müssen – das jedoch wäre höchstwahrscheinlich illegal. Eine Antwort auf eine telefonische Anfrage der "Welt" lehnte U+C ab – eine E-Mail-Anfrage blieb bislang unbeantwortet. U+C ist für Abmahn-Aktionen am Rande der Legalität bekannt: 2012 hatte das Landgericht Essen der Kanzlei verboten, die Namen von abgemahnten und zahlungsunwilligen Porno-Raubkopierern im Internet zu veröffentlichen. (siehe hier) Auch andere Medien beschäftigen sich mit dem Vorfall. So ist bei Stern,de unter anderem zu lesen: Wie der Mainzer Rechtsanwalt Karsten Gulden berichtet, hat die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann & Collegen (U+C), einer der Big Player im Erotikfilm-Abmahngeschäft, erstmals in Deutschland Abmahnbriefe verschickt. Darin wird dem Empfänger vorgeworfen, einen Pornofilm auf der Streaming-Plattform "Redtube.com" verbotenerweise abgerufen zu haben. Rechtsanwalt Gulden, der einige Abgemahnte vertritt, hält das Schreiben in mehrfacher Hinsicht für angreifbar. So sei grundsätzlich fraglich, ob beim Abrufen eines Streams überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Zwar wird dabei eine digitale Kopie des Films im Arbeitsspeicher des Computers zwischengespeichert, ein Laie hat aber überhaupt keinen Zugriff auf die Datei. Zudem gebe es eine Vielzahl von Streaming-Angeboten im Internet, viele davon werden auch legal betrieben, sodass es für den Nutzer nicht immer offensichtlich sei, ob das Portal rechtswidrig ist und ob er eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Außerdem besage Paragraph 44 des Urheberrechtsgesetzes, dass vorübergehende Vervielfältigungshandlungen erlaubt sind, wenn sie zwangsläufig mit der technischen Nutzung des Portals verbunden wären. "Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass gegen derartige Abmahnungen erfolgreich vorgegangen werden kann. Daher können wir niemandem, der eine solche Abmahnung erhalten hat, raten, die Unterlassungserklärung zu unterschreiben oder eine Zahlung vorzunehmen." Alles in allem ist das sogenannte "Streaming" eine rechtliche Grauzone, es gibt keine konkrete gesetzliche Regelung, und eben das machen sich findige Anwälte zu nutze. Tatsache ist, dass einige zwielichtige Anwaltskanzleien in dieser Abmahnpraxis tatsächlich eine Art Goldesel entdeckt haben wollen. Sie setzen darauf, dass "ertappte" User einer peinlichen, gerichtlichen Konfrontation aus dem Weg gehen wollen, und die geforderten Abmahngebühren widerspruchslos bezahlen. Nun erhebt sich auch die Frage wie die Abmahner an die Namen und Anschriften der angeblichen Urheberrechtsverletzer gelangen. Hierzu heisst es bei justiz-online Bei Rechtsverletzungen im Internet kann der Urheber eines Werkes zwar regelmäßig die IP-Adresse des Rechtsverletzers ermitteln (lassen); er weiß aber nicht, wer sich hinter der IP-Adresse verbirgt. Die Regelung in § 101 Abs. 9 UrhG gibt dem Urheber eines Werkes im Falle der Verletzung seines Urheberrechts in gewerblichem Ausmaß einen Anspruch auf Auskunft gegenüber Internetprovidern dergestalt, dass diese ihm dann Namen und Anschrift derjenigen ihrer Kunden, denen eine bestimmte IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war, benennen müssen. Die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen dieses Auskunftsanspruchs trifft nach § 101 Abs. 9 S. 2, 3 UrhG die Zivilkammer des Landgerichts. Solche Auskunftsansprüche sind regelmäßig nur die erste Stufe einer Handlungskette, die der Urheber zur Abwehr der angeblichen Rechtsverletzung einleiten wird: Mit den über § 101 Abs. 9 UrhG vom Internetprovider erlangten Informationen kann er einzelne Nutzer identifizieren, die unter Umständen seine Urheberrechte verletzt haben (zum Beispiel Personen, die mutmaßlich Musikdateien in File-Sharing-Netzwerken heruntergeladen und eingestellt haben). Im vorliegenden Fall besteht der begründete Verdacht dass die abmahnende Anwaltskanzlei nur widerrechtlich an die Daten der Nutzer gekommen sein kann. Der Mainzer Medienrechtler RA Röttger schreibt hierzu: Ein Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 9 UrhG ist schließlich abhängig von einer Urheberrechtsverletzung mit gewerblichem Ausmaß. Ein gewerbliches Ausmaß kann für jemanden, der sich einen Film lediglich über ein Streaming-Portal ansieht jedoch nicht angenommen werden. Ohne Auskunftsanspruch, keine Nutzerdaten und damit keine Verwarnung. Fazit: Ich empfehle jedem der eine solche Abmahnung erhält nicht zu zahlen, nichts zu unterschreiben und sich umgehend an einen Anwalt für Medienrecht zu wenden, denn sofern nur für den eigenen Bedarf "gestreamt" und nichts dauerhaft gespeichert oder gar vervielfältigt wurde sind die Erfolgsaussichten hoch, dass eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung abgewiesen wird. Wer ganz sicher gehen will nicht in die "Abmahnfalle" zu geraten sollte sich auf entsprechenden Streamingseiten nur anonym bewegen. Hierfür gibt es zahlreiche Tools, die eine Erfassung einer eindeutig zuzuordnenden IP-Adresse unmöglich machen, wie beispielsweise den Tor-Browser
Inaktives Mitglied Geschrieben Dezember 11, 2013 Autor Geschrieben Dezember 11, 2013 Sachkundige und präzise Auskunft von @Hajo. Inzwischen verfolgt die WELT die Sache mit Nachfolgeartikeln weiter. Es tut mir leid, dass ich als Computer-Idiot nichts "verlinken" kann. Vielleicht hilft @Hajo wieder aus.
Moderator Ha**** Geschrieben Dezember 12, 2013 Moderator Geschrieben Dezember 12, 2013 Der Fall der Massenabmahnungen von Usern der Porno-Plattform Redtube wird immer mysteriöser. Alles deutet darauf hin dass die Userdaten mit faulen Tricks und widerrechtlich beschafft wurden. Nun werden die Abmahner sebst wegen Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz verklagt. Über die Hintergründe hierzu die aktuellen Artikel aus der Presse: Die Welt - Anwalt kündigt neue Abmahnwelle bei Redtube an Die Welt - Kanzlei stellt Strafanzeige gegen Porno-Abmahner Stern.de - Hat das Gericht einen Fehler gemacht? Weitere interessante Seiten zum Thema: Christian Solmecke - Fachanwalt im Bereich Internetrecht und IT-Recht golem.de - IT-News für Profis Computer Base teltarif.de
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